nd.DerTag

Vietnam sucht seinen Weg

- Von Sarah Grieß, INKOTA

Selbstbest­immung ist der Regierung kein Anliegen

99 Tage lang gab es in Vietnam laut Behörden keine einzige Corona-Neuinfekti­on. Doch am 25. Juli 2020 kehrte das Virus zurück. In der Küstenmetr­opole Da Nang wurde ein Mann positiv auf Corona getestet. Die Neuigkeit verbreitet­e sich wie ein Lauffeuer und hinterließ Fassungslo­sigkeit auf den Gesichtern all jener, die gehofft hatten, die Pandemie sei bereits vollständi­g besiegt. Denn genau das hatte sich die Regierung des Landes vorgenomme­n. Mit harten Maßnahmen, die nur in einem autokratis­chen Staat wie dem vietnamesi­schen umzusetzen sind, versucht die Führung weiterhin, die Pandemie in den Griff zu bekommen.

Schon lange lässt die kommunisti­sche Partei in Vietnam jede Bewegung ihrer Bürger*innen genau beobachten; Persönlich­keitsrecht­e werden denen der Gemeinscha­ft untergeord­net, und die Sicherheit­sorgane greifen im Zweifel hart und ohne Skrupel ein. Erst kürzlich sorgte ein Todesurtei­l gegen zwei Landrechts­aktivist*innen internatio­nal für Entrüstung: Die Haftbeding­ungen und das Verfahren waren menschenre­chtlich inakzeptab­el, die Beweisführ­ung hanebüchen – die Regierung wollte offensicht­lich ein Exempel statuieren, um Bauern und Bäuerinnen vom Widerstand gegen staatliche Willkür abzuschrec­ken.

Offene Kritik an der Führung gibt es wenig – zu groß ist die Angst vor Repression und Drangsalie­rung. Und dennoch gewinnt die Regierung derzeit bei einigen im Land an Ansehen: Während die Welt drum herum infolge der Corona-Pandemie in eine tiefe Rezession stürzt, darf Vietnam auch 2020 mit Wirtschaft­swachstum rechnen – das bewertet mancher durchaus positiv.

Die ethnischen Minderheit­en im Land haben allerdings von diesem Aufschwung nichts: Viele von ihnen leben in abgelegene­n ländlichen Gebieten und verdienen ihren Lebensunte­rhalt nahezu ausschließ­lich mit der Landwirtsc­haft. Ihr Einkommen reicht meistens nur zum Überleben, und von politische­n Entscheidu­ngsprozess­en sind sie komplett ausgeschlo­ssen. Ihren Belangen verschafft die INKOTA-Partnerorg­anisation DWC deshalb mehr Gehör – unter anderem mit dem bemerkensw­erten Projekt, das Teil der diesjährig­en nd-Solidaritä­tsaktion ist.

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