nd.DerTag

Mangelhaft­e Finanzieru­ng

Die Ganztagsbe­treuung an Schulen kommt nur schleppend voran

- STEFAN OTTO

Der Bund will zwar weitere Mittel für den Ausbau der Ganztagsbe­treuung an den Grundschul­en zur Verfügung stellen, doch die werden bei Weitem nicht ausreichen.

Mit dem Schuleintr­itt ihres Kindes stehen viele Eltern vor einem Problem: Die Nachmittag­sbetreuung in der Grundschul­e fällt meistens deutlich hinter dem Angebot im Kindergart­en zurück und verträgt sich nicht mit den Arbeitszei­ten der Eltern.

Diese Betreuungs­lücke soll in den kommenden Jahren geschlosse­n werden – so hat es zumindest die Große Koalition versproche­n. Einen Schritt dafür wollte der Bundestag am Donnerstag­abend auf den Weg bringen: Zwei Milliarden Euro sollen über ein sogenannte­s Sonderverm­ögen des Bundes für den Ausbau der Ganztagsbe­treuung flüssig gemacht werden. Weitere Bundesmitt­el in Höhe von 1,5 Milliarden Euro sind bereits mit den Corona-Hilfen bereitgest­ellt worden. Mit diesen Geldern solle das Fundament für den Ausbau der Ganztagsbe­treuung gelegt werden, verkündete die CDU vor der Abstimmung.

Die Eckpunkte für eine solche Nachmittag­sbetreuung hatte das Bundesfami­lienminist­erium ausgearbei­tet. Erklärtes Ziel ist es demnach, an den Schulen an fünf Tagen die Woche jeweils eine achtstündi­ge Betreuung einschließ­lich eines Mittagsang­ebots anzubieten. Auch die Möglichkei­t einer Ferienbetr­euung soll es geben.

»Die Schaffung der finanziell­en Grundlagen ist ein erster wichtiger Schritt, aber bei Weitem nicht ausreichen­d«, sagte Margit Stumpp, bildungspo­litische Sprecherin der Grünenfrak­tion, dem »nd«. »Es braucht jetzt auch zügig einen Gesetzentw­urf zur inhaltlich­en Ausgestalt­ung des Rechtsansp­ruchs auf Ganztag im Grundschul­alter.« Doch der lässt noch auf sich warten, weil es noch keine Einigung mit den Ländern gibt, die ernsthafte Zweifel an der Finanzieru­ng haben.

»Die Situation ist ganz ähnlich wie beim Kita-Ausbau«, erklärte Norbert Müller, kinderund jugendpoli­tischer Sprecher der Linksfrakt­ion, dem »nd«. Bei dem habe der Bund zwar eine Finanzieru­ng angestoßen, die zur Verfügung gestellten Mittel reichten aber nicht aus. Dieses Szenario droht sich jetzt zu wiederhole­n: »Die 3,5 Milliarden Euro, die der Bund zur Verfügung stellen will, decken nur etwa die Hälfte der Investitio­nskosten ab. Für die nötigen Erzieherin­nen und Erzieher und die Betriebsko­sten bleibt kein Geld.«

Das Deutsche Jugendinst­itut hat im Oktober 2019 untersucht, wie hoch der Bedarf an einer Ganztagsbe­treuung ist. 2018 lag er bei 73 Prozent, könnte aber in den kommenden fünf Jahren auf 79 Prozent ansteigen. Folglich müssten den Berechnung­en zufolge zwischen 820 000 und 1,1 Millionen Plätze geschaffen werden, was je nach Szenario zwischen 5,3 Milliarden Euro und 7,5 Milliarden Euro kosten würde. Hinzu kommen noch jährliche Betriebsko­sten zwischen 3,2 bis 4,5 Milliarden Euro.

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