Der Ball liegt bei Johnson
Irlands Regierung plant keine Kontrollen an der Grenze zu Nordirland nach dem Brexit
Nach Ende der Übergangsfrist wird der Brexit ab 2021 voll wirksam. Doch noch immer herrscht keine Klarheit über das künftige Regime an der Grenze auf Irland.
Die Verhandlungen zwischen Brüssel und London stecken in der finalen Phase, eine Einigung ist aber noch nicht in Sicht. Die zukünftige Stellung von Nordirland ist bis zuletzt einer der Zankäpfel. Denn durch die irische Insel wird sich die einzige Landgrenze zwischen einem EU-Mitgliedsland und dem Vereinigten Königreich ziehen. Es ist eine Grenze, die sich entlang alter Grafschaftsgrenzen aus dem 17. Jahrhundert über 500 Kilometer durch zum Großteil schwer erreichbares und kaum bewohntes Gebiet, über Hügel, durch Flüsse, Wälder und über entlegene Straßen schlängelt.
In einem Interview mit der in Belfast erscheinenden »Irish News« machte der irische Außenminister Simon Coveney am Dienstag unmissverständlich klar, dass seine Regierung keine Pläne für eine Bewachung der Landgrenze ab dem 1. Januar 2021 vorbereitet – auch wenn es zu keiner Einigung der EU mit den Briten kommt.
Lange beharrten die irische Regierung und Brüssel auf dem »Irish Backstop«, einer Sonderregelung für die nordirische Provinz, nach der sie nach dem Brexit noch sechs Jahre im EU-Binnenmarkt bliebe. Das würde Warenund Personenkontrollen innerhalb Irlands vermeiden. Rechts-konservative Kreise der Tories und die unionistischen Hardliner aus Nordirland stehen dazu in Opposition. Sie wollen Nordirland nicht anders als den Rest des Vereinigten Königreichs behandelt sehen. Radikale Republikaner wie die Neue IRA wiederum drohten, Grenzposten als Angriffsziele anzusehen. Schlussendlich kam es doch zu einem Abkommen, das nahe am »Backstop« war. Eine harte, bewachte Grenze durch Irland soll danach es nicht geben.
Doch die Unionisten, ein wichtiger Bündnispartner der Tories im Londoner Parlament, waren unzufrieden. Radikale Unionisten organisierten seit dem vergangenen Winter Treffen, um gegen das Abkommen Stimmung zu machen. Im Sonderstatus Nordirlands und einer Zollgrenze durch die irische See sehen sie eine schleichende Wiedervereinigung der Insel. Wenn es bei dem Abkommen bleibe, »werde es Bomben in Dublin und Limerick geben«, zitierte die »Times« ein Mitglied pro-britischer Paramilitärs.
Im September brachte der britische Premier Boris Johnson ein neues Binnenmarktgesetz ein, das keine Grenze durch die irische See vorsieht – ein Bruch des von seiner Regierung erst im Januar 2020 mit Brüssel geschlossenen Abkommens. Während das Unterhaus dem Gesetzesvorschlag zustimmte, wurde er vom Oberhaus abgelehnt. Seither hat die Frage Nordirlands und der irischen Grenze weiter an Brisanz gewonnen.
Anfang November warnte der nordirische Polizeichef Simon Byrne im britischen Parlament davor, dass diese Grenze ein Einfallstor für Drogen-, Waffen- und Menschenschmuggel werde, sollte bis Jahresende keine Lösung gefunden werden. Durch die schwer überwachbare Grenze und die fehlende Infrastruktur für Kontrollen in den Häfen, könnten über Irland leicht Güter in oder aus der EU geschmuggelt werden. Da die weitere Sicherheitszusammenarbeit zwischen Großbritannien und den EU-Organen noch nicht geklärt ist, bedeutet das ein erhöhtes Risiko von Terrorismus und Kriminalität.
Irlands Außenminister Coveney hofft weiter darauf, dass Johnson das mit der EU geschlossene Abkommen doch ratifiziert. Andernfalls will Dublin gemeinsam mit der EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen London einleiten. Coveney ging nicht zufällig kurz nach dem Wahlsieg von Joe Biden bei der US-Präsidentschaftswahl an die Öffentlichkeit. Die Johnson-Regierung hat gern betont, dass der jetzt abgewählte Donald Trump nach dem Brexit der engste Partner sein werde. Biden, der irisch-katholische Vorfahren aus der Grafschaft Mayo hat, verspricht dagegen, das Karfreitagsabkommen von 1998, welches den bewaffneten Konflikt in Nordirland beendete, zu verteidigen. Darin steht auch, dass es keine befestigte Grenze durch Irland geben darf. Will sich Johnson mit der neuen US-Regierung gut stellen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als die pro-britischen Unionisten in Nordirland zu enttäuschen.
Australien und Japan vereinbaren Militärabkommen
Premier Morrison entschuldigt sich beim afghanischen Präsidenten Ghani
Insgesamt identifizierte der Bericht 25 Täter, die teilweise nach wie vor Mitglieder der australischen Streitkräfte sind. Einige Schilderungen des Berichts sind zutiefst konfrontierend. So sollen Soldaten Zivilisten die Kehle durchgeschnitten haben und jüngere Soldaten von ihren Vorgesetzten bewusst dazu angestachelt worden sein, Gefangene hinzurichten. Die Verbrechen sollen nicht vom obersten Kommando ausgegangen sein.
Beschwerden von Einheimischen und Menschenrechtsgruppen wurden als »Taliban-Propaganda« abgetan oder als Versuche der Bevölkerung, eine Entschädigung zu erhalten. Generalmajor Paul Brereton, der die Untersuchung leitete, schilderte, wie schwierig es war, wahrheitsgemäße Informationen herauszufinden, da die Spezialeinheiten eine Gruppe mit großer Loyalität gegenüber den eigenen Gefährten, den unmittelbaren Vorgesetzten und der Einheit an sich ist.
Der Bericht erschütterte auch die australische Regierung. Noch bevor die Ergebnisse der Untersuchung in Australien öffentlich gemacht wurden, rief der australische Premierminister Scott Morrison den afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani persönlich an, um sich zu entschuldigen. Ghanis Büro schrieb nach dem Telefonat auf Twitter, Morrison habe in dem Gespräch »seine tiefste Trauer über das Fehlverhalten einiger australischer Truppen in Afghanistan zum Ausdruck gebracht und dem Präsidenten der Islamischen Republik Afghanistan die Ermittlungen und die Gewährleistung der Gerechtigkeit zugesichert«.
Kritiker werfen Morrisons Regierung vor, Berichte von Whistleblowern über ein Fehlverhalten australischer Soldaten in Afghanistan jahrelang unterdrückt zu haben. Vor der Veröffentlichung des Bericht hatte Morrison vor einer Woche einen Sonderermittler ernannt, um eine strafrechtliche Verfolgung von Armeeangehörigen zu ermöglichen – und möglichen Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag zuvorzukommen. Zugleich hatte er die Bevölkerung aufgefordert, den »ehrlichen und brutalen Wahrheiten« ins Auge zu blicken.
Der Schock über die Kriegsverbrechen, über die schon die ganze Woche diskutiert wird, hindert Australiens Regierung nicht daran, neue Kriegsallianzen einzugehen. Am Dienstag haben sich Morrison und Japans neuer Premierminister Yoshihide Suga auf ein neues Verteidigungsabkommen geeinigt, das auf eine engere militärische Zusammenarbeit der Länder abzielt. So soll es künftig mehr gemeinsame Militärübungen geben. Außerdem werden Truppen in den jeweils anderen Ländern stationiert – eine Vereinbarung, wie sie bisher nur die USA mit Japan pflegen. Dies sei »eine bedeutende Entwicklung« für die australisch-japanischen Beziehungen, sagte Morrison. Es gebe aber deswegen keinen Grund, dass andere Länder in der Region Bedenken haben müssten. Man wolle nur zur »Stabilität in der Region« beitragen.
Die chinesische Regierung äußerte sich zwar nicht direkt zu dem geplanten Abkommen, das Sprachrohr der chinesischen Regierung, die »Global Times«, hielt mit Kritik jedoch nicht zurück. Der Pakt beziehe sich nicht auf die Verteidigungszusammenarbeit, hieß es dort. Japan und Australien seien schließlich »geografisch voneinander entfernt«. Stattdessen ziele das Abkommen eindeutig auf China ab und spiegele die indopazifische Strategie der USA wider. »Das Abkommen beschleunigt die Konfrontationsatmosphäre in der asiatisch-pazifischen Region weiter.«