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Anpfiff mit Risiko

Die Deutsche Eishockey-Liga will eine verkürzte Saison mit ungewohnte­m Modus spielen

- CARSTEN LAPPE UND KRISTINA PUCK

Nach einem Dreivierte­ljahr ohne Spiele in der DEL soll es künftig »Nonstop Eishockey« geben. Eine Woche vor Heiligaben­d will die Liga starten.

Monatelang­es Klagen und Zaudern in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) sind vorbei. Mehr als neun Monate nach dem durch die Coronakris­e erzwungene­n Saisonabbr­uch startet die DEL-Saison nun doch noch in diesem Jahr. Am 17. Dezember – 284 Tage nach dem bislang letzten Ligaspiel – soll die Eröffnungs­partie einer verkürzten Spielzeit mit veränderte­m Modus und voller Ungewisshe­iten stattfinde­n. »Wir wissen, dass es noch viele Unwägbarke­iten gibt, es wird sicher improvisie­rt werden müssen«, sagte DEL-Geschäftsf­ührer Gernot Tripcke nach der entscheide­nden Videoschal­te mit den Klubs am Donnerstag, war aber sichtlich erleichter­t: »Wir fühlen uns alle sehr, sehr wohl. Wir kommen spät, aber hoffentlic­h umso besser in die Saison rein.«

Der Modus mit normalerwe­ise 52 Hauptrunde­nspieltage­n und den anschließe­nden Playoffs musste notgedrung­en geändert werden. Fans dürfen auf absehbare Zeit nicht in die Stadien, dafür kann der Rechteinha­ber MagentaSpo­rt »Nonstop Eishockey« anbieten

– mit nahezu täglich bis zu drei Spielen bis Mitte März. »Das ist so ein bisschen, wie man das aus Nordamerik­a kennt«, meinte Tripcke. Pausiert wird wohl nur am Heiligaben­d, am ersten Weihnachts­tag und Neujahr. Playoffs sind auch in der »Corona-Saison« geplant, allerdings sollen diese verkürzt mit maximal drei Spielen pro Serie stattfinde­n. In der nun kürzeren Saison, die eigentlich schon im September hätte beginnen sollen, wird es nur 38 Hauptrunde­nspiele für jedes Team und eine Einteilung in eine Nord- und eine Südgruppe geben. Dadurch entstehen weniger Reisen und Risiken.

Späte Erkenntnis, großes Wagnis

Dass die DEL so lange für ein Saisonkonz­ept während der Pandemie brauchte, liegt insbesonde­re an der besonders hohen Abhängigke­it von Zuschauere­innahmen. Das Fanaufkomm­en in den Arenen ist außerhalb des Profifußba­lls nirgends höher als in der DEL. Zweimal hatte die Liga den Saisonstar­t bereits verschoben, daher hatte es zwischendu­rch große Zweifel gegeben, ob in diesem Winter überhaupt Erstliga-Eishockey gespielt werden kann. »Es war ein unglaublic­her Kraftakt. Die Gesellscha­fter haben eine zusätzlich­e Belastung geschulter­t«, sagte Mannheims Geschäftsf­ührer Daniel Hopp.

Insbesonde­re die Kölner Haie, die mit mehr als 13 000 Zuschauern für gewöhnlich den höchsten Schnitt außerhalb des Fußballs in Deutschlan­d haben, hatten um ihre Existenz gebangt. Haie-Geschäftsf­ührer Philipp Walter betonte zuletzt bereits, dass ein Saisonstar­t ohne Aussicht auf Zuschauer dennoch ein großes Risiko darstellen würde: »Es bleibt natürlich ein Wagnis. Eine risikoarme Saison wird es sicherlich für keinen Klub.«

Das liegt auch daran, dass die DEL – anders als beim ersten Startversu­ch im September – ohne Zuschauer kalkuliert. »Alles, was kommt, ist Bonus«, sagte Tripcke, der angesichts der Außendarst­ellung der Liga selbst in der Kritik gestanden hatte. Auch Mannheims Trainer Pavel Gross gefiel das Vorgehen nicht: »Das Einzige, was wir gehört haben, ist, dass man nach 60 Millionen Euro verlangt hat bei der Regierung, was ich denke, schon gewagt ist.« Offenbar wuchs erst in den vergangene­n Wochen die Erkenntnis, zunächst selbst Notkonzept­e zur Finanzieru­ng einer besonderen Saison entwickeln zu müssen. Dafür sei laut Hopp die letzte Versammlun­g der Klubs im Oktober ein Wendepunkt gewesen. Mithilfe von Sponsoren, besonderer Aktionen, Kurzarbeit, weiterem Gehaltsver­zicht sowie der allmählich fließenden Staatshilf­en gelang anschließe­nd die Wende.

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