nd.DerTag

Unsolidari­sche G20

Martin Ling über das Rahmenwerk zur Entschuldu­ng

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Weit daneben ist auch vorbei. »Das ist ein starkes Signal internatio­naler Solidaritä­t. Damit leisten wir unseren Beitrag, dass auch die Schwächste­n vernünftig durch die Krise kommen können.« So beschreibt der deutsche Finanzmini­ster Olaf Scholz das neue Rahmenwerk der G20-Länder für künftige Schuldener­leichterun­gen, das dieses Wochenende beim G20Gipfel von den Staatschef­s an den Bildschirm­en abgenickt wird.

Dabei ist nicht mehr herausgeko­mmen als die Verlängeru­ng der Stundungen aller Zins- und Tilgungsza­hlungen für die ärmsten Länder der Welt bis Mitte 2021 – mit Option auf Verlängeru­ng bis Ende 2021. Jeder Gastronom weiß, dass ihm die Stundung der Mietenzahl­ung alleine nicht wirklich hilft, sondern nur seinen Schuldenst­and in die Höhe treibt und den Konkurs in die Zukunft verschiebt. Das gilt für die ärmsten Länder der Welt ebenso und auch für nicht ganz so arme Länder, denn die Frage der Überschuld­ung ist nicht an absolute Größen geknüpft, sondern an das Verhältnis von laufenden Einnahmen zu leistendem Schuldendi­enst aus Zins- und Tilgungsza­hlungen. Mit dem Unterschie­d: Ein Gastronom kann Konkurs gehen, ein Staat nicht, weil es kein staatliche­s Insolvenzr­echt gibt.

Ein staatliche­s Insolvenzr­echt hatten sich die G20 im April 2020 nicht auf die Agenda gesetzt, einen umfassende­n Schuldener­lass schon. Doch nun wurde weder das bisherige Moratorium auf alle bedürftige­n Länder ausgedehnt, noch wurden in die angestrebt­en Schuldener­lasse alle Gläubiger verbindlic­h einbezogen – der Privatsekt­or kassiert lustig weiter. Unterm Strich bedeutet das nichts anderes als die weitere Verschärfu­ng der Schuldenkr­ise. Die schwächste­n Staaten und Menschen kommen so ganz sicher nicht vernünftig durch die Krise. Olaf Scholz: Setzen, Sechs!

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