Guitars & Pentium IV
Thien Tran klingt besser als Tocotronic.
Thien Tran: Gedichte
Elif Verlag 140 S., geb., 20 €
Es ist ein unguter Jahrgang: 1979. Da wird man erwachsen und die großen Umbrüche sind schon vorbei, das Ende der Geschichte ist verkündet, die Computerwelt geht nach Digitalien, und das hinterlistige Wort »Eigenverantwortung« nimmt seinen Weg aus Wahlprogrammverstecken in die Postbankwerbung: »Unterm Strich zähl ich«.
Thien Tran, geboren in Ho-Chi-Minh-Stadt, kommt im Alter von drei Jahren nach Deutschland, studiert später Germanistik, Philosophie und Literaturwissenschaft in Köln. Jahrgang ’79, und schreib mal jetzt über das Ich in der schönsten aller Welten? Come on, irgendwas ist immer faul, der Krieg geht weiter, trotz Francis Fukyamas Verkündigung. Sein Gedichtband von 2010 fasst das Unbehagen in die Annotation von Dingbesichtigungen, Kleinstszenen, Schlagzeilen, Tickermeldungen. »ANYTHING GOES. wie dieser
Nachrichtensprecher / aus dem Radio / nichts Persönliches in seinem Tonfall / nur das Knistern unserer Stimmen«, das Unbehagen ist immer noch präsent. Jahrgang ’79 wird zur Generation X, das Leben als Postbanknutzer ist auch nicht das geilste; diesen ganzen Datenmüll zu sortieren und auszumisten, hinter dem die Welt und die Machtverhältnisse verschwinden. Es hilft, das Wortgeklingel des Werbesprechs, der Spammails, der feuilletonistischen Verrenkungen (und ein wenig Kulturgeschichte) im Hinterkopf zu haben, um die gelungene, amüsante Verdrahtung und Transmission selbiger in Trans Gedichten richtig zu würdigen. Thien Tran starb im Alter von 31 Jahren, so bleibt nur sein Nachlass; und Ron Winkler ist sehr zu danken, dass er diesen zugänglich gemacht hat.
Dance dance dance to the radio! seit Kubrick ist der Krieg vorbei. die Kriege sind
nach innen verlagert. Feinstaub und Pfefferminzgerüche einige Setzungen. einige Todesfälle und dann wieder
die Renovierungsarbeiten, nachts vor dem Laptop der die gesamte Festplatte noch mal nach Viren durchsucht (intelligente Überlebensstrategen)
wir sind nachsichtig. wir sind blind