nd.DerTag

Leipziger Ring blieb nazifrei

Gegendemon­stranten verhindert­en eine Wiederholu­ng der Randale, die rechte Demonstran­ten vor einer Woche vom Zaun brachen

- MAX ZEISING, LEIPZIG

Oberbürger­meister Jung zeigte sich zufrieden: Stolz auf friedliche Demonstrat­ion unter Einhaltung der Corona-Schutzmaßn­ahmen.

Zwei Wochen nach den erschütter­nden Bildern einer aus dem Ruder gelaufenen »Querdenker«-Demonstrat­ion in Leipzig haben rechte Demonstran­ten erneut versucht, unter dem Vorwand der Kritik gegen die Corona-Schutzmaßn­ahmen durch die Messestadt zu ziehen. Allerdings gelang es ihnen diesmal nicht, auf den historisch bedeutsame­n Innenstadt­ring vorzudring­en, auf dem 1989 der Sieg der DDR-Opposition gegen den SEDStaat entschiede­n wurde. Antifaschi­stische Aktivisten blockierte­n den Zugang zum Ring, die Polizei trennte beide Lager voneinande­r.

Zuvor hatte eine geplante Kundgebung von Kritikern der Corona-Schutzmaßn­ahmen auf dem Kurt-Masur-Platz aufgrund eines Auflagenve­rstoßes nicht starten dürfen. Wie die Stadt Leipzig mitteilte, sei ein Attest des Anmelders unvollstän­dig gewesen und deshalb nicht anerkannt worden. Das Attest hatte ihn vom Tragen der Mund-Nasen-Maske befreien sollen. Die Demonstran­ten begaben sich daraufhin zum Marktplatz, von wo aus sie – unangemeld­et – in Richtung Innenstadt­ring zogen. Nach Antifa-Blockaden wurden sie allerdings von der Polizei eingekesse­lt und kamen nicht weiter. Die Polizei Sachsen twitterte, es sei auch zu Angriffen auf Einsatzkrä­fte gekommen.

Aus Sicht des antifaschi­stischen Aktionsnet­zwerks »Leipzig nimmt Platz« konnten die Rechten ihren Erfolg vom 7. November nicht wiederhole­n. »Der Ring ist ein wichtiges Symbol. Die Rechten wollen diese Symbolik besetzen und entspreche­nde Bilder produziere­n. Das ist ihnen diesmal nicht gelungen«, sagte die Sprecherin des Netzwerks, Irena Rudolph-Kokot, dem »nd«. Insgesamt hätten bis zu 4000 Menschen an den Demonstrat­ionen gegen die »Corona-Kritiker« teilgenomm­en: »Ohne antifaschi­stische Interventi­on wäre die Sache wohl auch diesmal anders ausgegange­n.«

Der Demo-Tag in Leipzig hatte zunächst entspannt begonnen. Mehr als 1000 Menschen waren einem Aufruf von »Leipzig nimmt Platz« gefolgt und hatten sich auf dem Augustuspl­atz versammelt, um für Demokratie, Rechtsstaa­t und Solidaritä­t zu demonstrie­ren. Die Stimmung war friedlich, die Demonstran­ten trugen Mund-NasenSchut­z

und achteten auf Abstände. Zugleich sammelten sich mehrere Hundert Menschen auf dem Kurt-Masur-Platz, nur wenige Meter vom Augustuspl­atz entfernt, darunter angereiste gewaltbere­ite Hooligans und Neonazis.

Nach der Absage der Kundgebung auf dem Kurt-Masur-Platz wurde die Lage zunehmend unübersich­tlich, es kam zu Konfrontat­ionen. Die Polizei kesselte die Rechten ein und ließ sie Stunden später in Kleingrupp­en abziehen. »Man hat einen Strategiew­echsel der Polizei beobachten können. Es gab Kontrollen von Masken und Attesten. Nach der Auflösung der rechten Kundgebung gab es aber kein schlüssige­s Konzept mehr«, urteilte Irena Rudolph-Kokot.

Angesichts des dynamische­n Demonstrat­ionsgesche­hens wandte sich Oberbürger­meister

Burkhard Jung (SPD) noch am Nachmittag an die Leipziger Bevölkerun­g und appelliert­e, friedlich zu bleiben. Die Absage der geplanten Kundgebung wertete der Sozialdemo­krat zugleich als Erfolg der Gegendemon­stranten: »Man kann mit Recht stolz sein, dass mehr als 1000 Menschen friedlich, mit Abstand und Atemschutz demonstrie­rt haben.«

Die Polizei verzeichne­te nach bisherigem Stand zwei Festnahmen sowie insgesamt 18 Straftaten, darunter zehn Körperverl­etzungsdel­ikte sowie drei Landfriede­nsbrüche. Wegen des Angriffes auf einen Journalist­en sei von Amts wegen eine Anzeige gegen Unbekannt erfolgt. Es seien 113 Ordnungswi­drigkeitsa­nzeigen wegen Verstoßes gegen die Corona-Schutzvero­rdnung gefertigt und 44 Platzverwe­ise verhängt worden.

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