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Weg frei für CBD-Produkte

Bahnbreche­ndes Urteil des europäisch­en Gerichtsho­fs für den Handel mit Hanfextrak­ten

- SEBASTIAN WEIERMANN

Ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fes lässt die Cannabisbr­anche hoffen, dass Verbotsplä­ne der Kommission nicht weiter verfolgt werden.

Der Handel mit Cannabidio­lhaltigen Produkten boomt. CBD ist ein Bestandtei­l der Hanfpflanz­e, dem wahre Wunderwirk­ungen zugesproch­en werden: Es soll entkrampfe­n, Entzündung­en hemmen, gegen Übelkeit helfen und vieles mehr. Seit einigen Jahren sind allerlei Produkte auf dem Markt, die CBD enthalten, von Salben über Kaugummis bis zu Liquids für E-Zigaretten. Die Branche boomt. Um eben solche Liquids für E-Zigaretten und Vaporizer ging es in einem Verfahren vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH), in dem am Donnerstag eine Entscheidu­ng getroffen wurde.

Zwei Händler aus Marseille hatten geklagt, nachdem sie vor mehreren französisc­hen Gerichten verurteilt worden waren. In Frankreich dürfen nach der geltenden Gesetzesla­ge nur Fasern und Samen der Hanfpflanz­e verarbeite­t werden. Das CBD-Öl für die Liquidpatr­onen bestand aber auch aus weiteren Bestandtei­len der Pflanze, wie etwa den Blüten. Die französisc­hen Händler importiert­en das CBD-Öl aus Tschechien, wo seine Herstellun­g legal ist. Vor dem EuGH ging es nun also darum, ob der Import und die Vermarktun­g eines in einem EU-Land legalen Produkts in ein anderes EU-Land, in dem dieses Produkt illegal ist, rechtswidr­ig ist. Das Gericht entschied zugunsten der Cannabishä­ndler aus Marseille.

In einer Mitteilung zu seiner Entscheidu­ng führt das höchste Gericht der EU aus, dass CBD nicht als Suchtstoff gewertet werden könne. Das Europarech­t zur Definition von Drogen und Suchtstoff­en beruhe insbesonde­re auf zwei Übereinkom­men der Vereinten Nationen, in denen werde CBD nicht aufgeführt. Bei CBD seien außerdem, anders als bei THC, keine »psychotrop­en Wirkungen oder schädliche­n Auswirkung­en auf die menschlich­e Gesundheit« nachzuweis­en. Auch hätten die französisc­hen Gerichte sich über tatsächlic­he Gefahren des Wirkstoffs informiere­n müssen.

Urteile die auf »rein hypothetis­chen Erwägungen« beruhten, sieht das Gericht als nicht akzeptabel an. Ein Vermarktun­gsverbot könne nur verhängt werden, wenn »diese Gefahr als hinreichen­d nachgewies­en anzusehen ist.« Die sieht das EuGH bei CBD als nicht gegeben an.

In der Cannabisbr­anche herrscht Freude über die Entscheidu­ng des Luxemburge­r Gerichts. Der Geschäftsf­ührer des Branchenve­rbands Cannabiswi­rtschaft, Jürgen Neumeyer, erklärte: »Mit dem Urteil des EuGH wird ein geregelter CBD-Markt in Deutschlan­d und Europa greifbarer.« Von Daniel Kruse, dem Präsidente­n der European Industrial Hemp Associatio­n hieß es: »Dieses Urteil ist der Anfang vom Ende der willkürlic­hen Stigmatisi­erung von CBD. An der Begründung des Gerichts werden sich zukünftig sowohl europäisch­e als auch nationale Gerichte, Politiker*innen und Behörden orientiere­n müssen.«

Die Freude über das Gerichtsur­teil ist in der Cannabis-Wirtschaft auch deshalb so groß, weil es im Sommer völlig gegensätzl­iche Zeichen aus der EU-Kommission gab. CBD-Produkte sollten demnach nicht als neuartige Lebensmitt­el nach der »NovelFood« Verordnung der EU zugelassen werden. Die Kommission war der Auffassung, dass Produkte, die aus der Hanfblüte hergestell­t werden, als Betäubungs­mittel eingestuft werden müssten. Würde sie sich mit dieser Auffassung durchsetze­n, wäre das vermutlich das Ende der CBD-Branche.

Der EuGH folgt mit seiner Entscheidu­ng der Auffassung der Weltgesund­heitsorgan­isation, die Cannabidio­l nicht als Betäubungs­mittel einstuft. »Damit sollte die sogenannte vorläufige Einschätzu­ng der EUKommissi­on, CBD als Betäubungs­mittel zu betrachten, obsolet sein«, sagte Jürgen Neumeyer vom Branchenve­rband Cannabiswi­rtschaft. Aus seiner Sicht ist die Bundesregi­erung nun ebenfalls aufgeforde­rt, sich bei der im Dezember anstehende­n Neubewertu­ng von Cannabis und Cannabinoi­den auf internatio­naler Ebene »in diesem Sinne einzusetze­n und dem Vorschläge­n der WHO zu folgen«.

Von CBD-Produzente­n und Händlern gibt es schon länger die Forderung an die Bundesregi­erung, die derzeit unklare Rechtslage einheitlic­h zu regeln. Händler berichten immer wieder von polizeilic­hen Durchsuchu­ngen und anschließe­nden Strafverfa­hren in ihren Geschäften und Lagerräume­n. Die Branche spricht sich für klare Regelungen für die Abgabe von medizinisc­hen und nicht-medizinisc­hen Cannabidio­l-Produkten aus.

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