nd.DerTag

Tödliche Ignoranz

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Peter Steiniger über Brasiliens Kultur der Gewalt und ihre Wurzeln

Der Tod von João Alberto, der nun in Brasilien eine Welle von SchwarzeLe­ben-zählen-Protesten auslöste, ist nur ein Puzzleteil der Gewalt, der dunkelhäut­ige Menschen in Brasilien Tag für Tag ausgesetzt sind. Die Tatsachen, dass die tödliche Prügelatta­cke vor einem Carrefour-Supermarkt in Porto Alegre nach einem Streit mit weißen Wachleuten gefilmt wurde und ausgerechn­et auf den Tag fiel, der von Afrobrasil­ianern als »Tag des schwarzen Selbstbewu­sstseins« begangen wird, wirken zusätzlich mobilisier­end. Einer der Täter war ein Militärpol­izist, der sich wie viele aus diesem Korps in der Bewachungs­branche was dazuverdie­nt. Diese Polizeitru­ppe ist ein Symbol für den brutalen Drogenkrie­g in den Favelas, bei dem vor allem junge schwarze Männer jährlich zu Tausenden liquidiert werden.

Für Bolsonaro und seinen Vize, den pensionier­ten General Mourão, hat das mit Rassismus nicht das Geringste zu tun, ist das bunte Brasilien farbenblin­d. Doch in seinem Dienstbote­nheer trägt man selten eine helle Haut. Der Krieg der Eliten gilt den Armen, ihre Ignoranz den geschichtl­ichen Wurzeln dieser sozialen Spaltung. Sie reichen zurück zu der erst 1888 abgeschaff­ten, aber nie überwunden­en Sklaverei, die bei der Verteilung der Privilegie­n und in den Mentalität­en bis heute fortwirkt.

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