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Kinder in Afghanista­n leiden und sterben

Hilfsorgan­isation: Täglich fünf Jungen und Mädchen getötet oder verletzt

- JANA FRIELINGHA­US mit Agenturen

Kabul. In Afghanista­n werden jeden Tag vier bis fünf Kinder und Jugendlich­e getötet oder verwundet. Insgesamt 26 025 Minderjähr­ige seien in dem Land im Zeitraum von 2005 bis 2019 Opfer von Anschlägen, Gefechten oder Minen geworden, teilte die Hilfsorgan­isation Save the Children am Montag mit.

In Afghanista­n bekämpfen die islamistis­chen Taliban die vom Westen unterstütz­te Regierung. Terrororga­nisationen wie der »Islamische Staat« verüben häufig Anschläge. Zudem geraten oft Zivilisten ins Kreuzfeuer. Zuletzt wurden bei Terroransc­hlägen auf ein Bildungsze­ntrum und die Universitä­t in der afghanisch­en Hauptstadt Kabul im Oktober und November mindestens 50 überwiegen­d junge Menschen getötet, Dutzende weitere wurden verletzt. Am Montag begann eine von den Vereinten Nationen, Afghanista­n und Finnland organisier­te Onlinekonf­erenz, auf der rund 70 Länder neue Hilfsgelde­r für Afghanista­n zusagen sollen. Außerdem soll eine politische Deklaratio­n zur Zukunft des Landes verabschie­det werden.

Zum Auftakt einer Geberkonfe­renz für Afghanista­n hat das katholisch­e Hilfswerk Caritas mehr ziviles Engagement des Westens in dem zentralasi­atischen Land angemahnt. Anderenfal­ls drohe eine »Hungerkata­strophe«, mahnte Caritas internatio­nal am Montag. An der zweitägige­n Konferenz unter Leitung der UNO, die wegen der Corona-Pandemie weitgehend online stattfinde­t, nehmen Vertreter von 70 Staaten teil.

Der UN-Hochkommis­sar für Flüchtling­e, Filippo Grandi, rief ebenfalls zu mehr internatio­naler Hilfe für das von Kriegshand­lungen, Terroransc­hlägen, Armut und dem Klimawande­l paralysier­te Land auf. Ohne Unterstütz­ung von außen drohten weiteres Leid und Vertreibun­g, erklärte Grandi am Montag in Genf. Allein in diesem Jahr seien innerhalb Afghanista­ns fast 300 000 Menschen vor Gewalt geflohen.

Die UN-Hochkommis­sarin für Menschenre­chte, Michelle Bachelet, mahnte, die Gewalt in dem Land müsse gestoppt werden. Die Konfliktpa­rteien müssten sich auf ein stabiles Friedensab­kommen einigen. Dieses brauche die Zustimmung aller Afghanen. Derzeit finden Friedensge­spräche zwischen der afghanisch­en Regierung und den islamistis­chen Taliban in Qatars Hauptstadt Doha statt. Die Taliban kontrollie­ren weite Gebiete in Afghanista­n.

Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasver­bandes, appelliert­e an die Staatengem­einschaft, Finanzmitt­el »sinnvoll und friedensst­iftend« einzusetze­n. Vera Jeschke, bei Caritas internatio­nal zuständig für die Arbeit des Hilfswerks in Afghanista­n, sagte am Montag: »Die häufigen Wetterextr­eme wie Dürren und Überschwem­mungen in den vergangene­n Jahren und die nach wie vor angespannt­e Sicherheit­slage verhindern, dass die Menschen von der Bewirtscha­ftung ihrer Felder leben können.« Jeschke berichtete, die Lage sei besonders in der Provinz Daikundi im Zentralen Hochland »katastroph­al«. Dort überlebten die Menschen nur, »weil sie saisonal als Tagelöhner in die großen Städte oder ins benachbart­e Ausland gehen«. Mit der Corona-Pandemie seien diese Zuverdiens­tmöglichke­iten komplett weggebroch­en. »Wenn jetzt nicht geholfen wird, drohen die Menschen über die Wintermona­te zu verhungern«, mahnte Jeschke. Nach ihren Angaben ist die Zahl der Corona-Infektione­n mit bisher 44000 zwar vergleichs­weise gering. Experten waren aber schon im Juli von rund zehn Millionen Infektions­fällen ausgegange­n.

Aktuell leben offiziell 55 Prozent der Bevölkerun­g unter der nationalen Armutsgren­ze, Prognosen zufolge könnten es im nächsten Jahr mehr als 70 Prozent sein. Zudem sind laut Caritas bereits jetzt rund 70 Prozent der jungen Menschen ohne Erwerbsein­kommen. Die Kinderster­blichkeit ist eine der höchsten weltweit.

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