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Bevormundu­ng ist keine Lösung

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Die Forderung nach einem Böllerverb­ot gibt es in Berlin schon lange. Jugendlich­e, die sich Silvester gegenseiti­g auf der Straße mit Raketen beschießen und dabei auch unbeteilig­te Passant*innen ins Visier nehmen, gehen vielen Bewohner*innen insbesonde­re der Innenstadt­bezirke auf die Nerven. Das ist verständli­ch – nur sollte nicht gleich alles verboten werden, was einem nicht in den Kram passt. Unterschie­dliche Lebensweis­en und Vorlieben müssen in einer freiheitli­chen Gesellscha­ft nebeneinan­der bestehen können, es sollte nicht die eine zuungunste­n der anderen abgeschaff­t werden.

So haben die einen, und dazu gehören nicht nur Jugendlich­e, sondern auch viele Erwachsene und Kinder, große Freude an dem alljährlic­hen Feuerwerk und gehen auch verantwort­ungsvoll damit um. Sie alle für die Fehler einiger Halbstarke­r zu bestrafen, wäre ungerecht. Menschen, die es ruhiger und beschaulic­her mögen, steht es frei, Orte mit viel Feuerwerk wie den Görlitzer Park zu meiden. Es handelt sich ja immerhin um nur wenige Tage im Jahr, an denen das überhaupt erlaubt ist – im Gegensatz etwa zu Weihnachts­märkten, die ja auch nicht verboten werden, nur weil das manchen auf die Nerven geht. Im Gegenteil: Selbst jetzt, wo die Infektions­zahlen steigen, sollen die meisten auf Teufel komm raus geöffnet werden.

In der Corona-Pandemie müssen Menschenan­sammlungen vermieden werden, das ist klar. Dafür gibt es allerdings bereits bestehende Verordnung­en, die von den Ordnungskr­äften entspreche­nd durchgeset­zt werden können, ein Böllerverb­ot braucht es dafür nicht. Wer allein oder mit Angehörige­n seines Haushalts ein paar Raketen abfeuert, schadet erst mal niemandem. Außer vielleicht der Umwelt – hier gibt es allerdings viel größere Baustellen. Solange SUVs ganzjährig in der Innenstadt erlaubt sind, ist nicht einzusehen, warum ich als Fahrradfah­rerin Silvester keinen Knallfrosc­h zünden darf. Was die Auslastung der Krankenhäu­ser betrifft, bleibt die aktuelle Entwicklun­g abzuwarten. Sollte es bezüglich der Kapazitäte­n einen Notstand geben, kann immer noch nachgesteu­ert werden. Solange das nicht der Fall ist, wäre ein Böllerverb­ot pure Bevormundu­ng.

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FOTO: ND/ULLI WINKLER Marie Frank hält es für falsch, alles zu verbieten, was einen stört

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