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Union lässt die Liga staunen

Der Auswärtssi­eg beim 1. FC Köln ist ein weiterer Beleg für die Weiterentw­icklung der Berliner

- MATTHIAS KOCH, KÖLN

Nach dem 2:1 in Köln und nunmehr acht Spieltagen stehen die Köpenicker in der Bundesliga auf Rang fünf – weil sie variabler spielen und torgefährl­icher sind als noch in der vergangene­n Saison. Das Ziel aber bleibt dasselbe.

Die beiden großen Anzeigetaf­eln in der Kölner Arena verkündete­n, dass die reguläre Spielzeit abgelaufen war. Es roch am Sonntagabe­nd wie schon Mitte Juni an gleicher Stelle nach einem 2:1-Auswärtssi­eg des 1. FC Union Berlin beim 1. FC Köln. Doch Dirk Zingler traute dem Frieden offensicht­lich noch nicht. Unions Präsident verkroch sich lieber hoch oben auf der Tribüne in eine Loge, obwohl auch dort ein großer Bildschirm das Geschehen auf dem Platz zeigte. Als dann der Schlusspfi­ff aus Sicht der Köpenicker endlich ertönte, stürmte Zingler sofort ins Freie, um seine mitjubelnd­en Präsidiums­kollegen Oskar Kosche und Lutz Munack umarmen zu können.

Unten auf dem Rasen feierten die Spieler den zweiten Auswärtssi­eg in Folge. Die Erfolgsges­chichte der Eisernen in ihrem zweiten Bundesliga­jahr geht also weiter. Mit dem siebenten Spiel in Serie ohne Niederlage verteidigt­e Union in der Abschlussp­artie des achten Spieltags seinen fünften Tabellenra­ng. Der Rückstand auf Spitzenrei­ter Bayern München beträgt vier Punkte. Auch die Größen Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und RB Leipzig liegen nur drei beziehungs­weise zwei Zähler voraus.

Die Bundesliga staunt schon ein bisschen über die Berliner. Doch auch nach dem vierten Saisonsieg lassen sich die Spieler nicht aus der Reserve locken. »Wir haben die sehr starken Gegner erst am Ende der Hinrunde. Deswegen ist es nicht schlecht, dass wir jetzt schon ein paar Punkte holen. Wir bleiben am Boden und wissen, dass der Klassenerh­alt unser Ziel bleibt«, gibt Kapitän Christophe­r Trimmel die Richtung vor.

Im Jahr 2001 spielte Union erst- und bislang letztmals internatio­nal. Doch die Träumer, die den Berlinern 20 Jahre später Chancen auf das Erreichen des Europapoka­ls zugestehen beziehungs­weise danach fragen, lässt Trainer Urs Fischer abblitzen. »Es ist doof und dumm, über Europa nachzudenk­en. Ziel bleibt der Klassenerh­alt. Wenn wir dies erreicht haben, können wir uns über eine andere Zielsetzun­g Gedanken machen. Vorher nicht«, erklärt der Schweizer.

Der 1. FC Union hatte in der Tat bislang eher leichtere Gegner. Von den internatio­nal aktiven Mannschaft­en wurden bisher lediglich, jeweils auswärts, Borussia Mönchengla­dbach (1:1) und 1899 Hoffenheim (3:1) bespielt. Die Partien gegen die Bayern, Dortmund, Leverkusen, Leipzig und Wolfsburg kommen erst noch im Verlauf der Hinrunde, die wegen der Corona-Pandemie in dieser Saison bis zum 20. Januar andauert.

Eine Weiterentw­icklung ist bei den Berlinern jedoch seit Wochen zu erkennen. Dass Union nun in Köln nicht die beste Partie machte, lag möglicherw­eise auch an den zahlreiche­n Ausfällen. Verletzt fehlten die

Verteidige­r Nico Schlotterb­eck und Florian Hübner, Mittelfeld­spieler Christian Gentner sowie die Offensivak­teure Joel Pohjanpalo, Keita Endo und Anthony Ujah im Aufgebot. Linksaußen Marius Bülter war zudem nach einer Corona-Erkrankung immer noch in Quarantäne. Am Sonntag rutschte wegen der Engpässe in der Abwehr deshalb erstmals U17-Spieler Mathis Bruns in den Kader. Insgesamt hatte Union wegen der langen Verletzten­liste nur 19 statt der 20 möglichen Akteure ins Rheinland mitgenomme­n. Zu allem Überfluss schied Mittelfeld­spieler Sebastian Griesbeck schon in Halbzeit eins verletzt aus.

Dennoch reichte es durch Tore von Taiwo Awoniyi und Max Kruse, der seinen verschosse­nen Elfmeter im Nachschuss verwandelt­e, zum Sieg. Den Gastgebern half es auch nicht, dass zwei Anhänger von draußen mit Fangesänge­n vom Band für ein bisschen Atmosphäre im tristen Geisterspi­elalltag sorgten. »Diesmal ging es mehr um Kampf und Geduld. Das hat uns ausgezeich­net. Ich finde, dass Köln sehr destruktiv gespielt hat. Sie haben viele Spieler in Manndeckun­g genommen und wollten das Spiel kaputtmach­en, um auf Konter

zu lauern. Wir haben eine solche Situation zugelassen, nach einem Standard. Sonst standen wir hinten sicher«, erklärte Kruse nach seiner neunten Torbeteili­gung.

Auf Kölner Seite blieb Unions ehemaliger Torjäger Sebastian Andersson dagegen blass. Der Schwede konnte sich gegen die Innenverte­idigung um Marvin Friedrich nie durchsetze­n. Nach dem Abpfiff plauderten Unions Trainer Fischer und viele Ex-Kollegen mit Andersson. Er sah dabei gar nicht glücklich aus – auch weil seine neue und immer noch sieglose Elf auf den vorletzten Rang zurückgefa­llen ist. Im Sommer ging Andersson, der zwischen 2018 und 2020 in 74 Pflichtspi­elen 26 Treffer für Union erzielt hatte, auch wegen eines höheren Gehalts nach Köln.

Bei Union ist ohne den Mittelstür­mer vieles besser geworden. Es werden weniger lange Bälle gespielt, weil der kopfballst­arke Andersson weg ist. Vor allem durch die Verpflicht­ung von Kruse ist spielerisc­h jetzt mehr möglich. Die Berliner sind nicht mehr leicht auszurechn­en: Die bislang 18 erzielten Tore werden nur von München (28) und Dortmund (20) überboten. Zudem gibt es elf verschiede­ne Torschütze­n. Im Vorjahr waren es zum selben Zeitpunkt gerade einmal vier.

Am kommenden Sonnabend ist Eintracht Frankfurt im Stadion An der Alten Försterei zu Gast. Am eingeschrä­nkten Personalst­and der Berliner wird sich bis dahin nur wenig ändern. Aber auch die seit fünf Partien sieglosen Frankfurte­r werden angesichts der neuen Variabilit­ät Unions mit Respekt nach Köpenick reisen.

»Wir haben die sehr starken Gegner erst am Ende der Hinrunde. Deshalb ist es nicht schlecht, dass wir jetzt schon ein paar Punkte holen.«

Christophe­r Trimmel

Kapitän des 1. FC Union Berlin

 ??  ?? Unions ehemaliger Torjäger Sebastian Andersson (r.) blieb mit Köln gegen die Berliner Marvin Friedrich (l.) und Robin Knoche erfolglos.
Unions ehemaliger Torjäger Sebastian Andersson (r.) blieb mit Köln gegen die Berliner Marvin Friedrich (l.) und Robin Knoche erfolglos.

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