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Iran tauscht Gefangene aus

Britisch-australisc­he Islamwisse­nschaftler­in Kylie Moore-Gilbert nach 800 Tagen freigelass­en

- BARBARA BARKHAUSEN, SYDNEY

Wegen angebliche­r Spionage saß Kylie Moore-Gilbert über zwei Jahre im Iran im Gefängnis. Nun wurde sie gegen drei Iraner ausgetausc­ht, die in Thailand einen Bombenansc­hlag geplant haben sollen.

Über 800 Tage verbrachte die britisch-australisc­he Islamwisse­nschaftler­in Kylie MooreGilbe­rt im Gefängnis im Iran. Als sie nun im Rahmen eines Gefangenen­austauschs freikam, sagte sie, sie verlasse das Land »mit bittersüße­n Gefühlen«. Moore-Gilbert, eine Dozentin der Universitä­t von Melbourne, war wegen angebliche­r Spionage zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden. Sie hatte den Vorwurf stets bestritten und ihre Unschuld beteuert. Im September 2018 auf dem Flughafen von Teheran festgenomm­en worden, nachdem sie eine Konferenz besucht hatte. Ihr Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt.

Ein Video ihrer Freilassun­g wurde zunächst vom iranischen Fernsehen IRIB News sowie über die Webseite der Nachrichte­nagentur Tasnim verbreitet. In dem kurzen Film ist die junge Frau mit grauem Hijab und einer Corona-Maske in einem Raum am Flughafen Teherans zu sehen und später in einem Kleinbus. In einem zweiten kurzen Video besteigt Moore-Gilbert dann ein Flugzeug.

Das erste Video zeigt auch drei im Ausland festgehalt­ene Iraner, die im Austausch für die Akademiker­in freigekomm­en sein sollen. Einer der Männer sitzt im Rollstuhl. Die drei Iraner sollen in Thailand inhaftiert gewesen sein, nachdem sie geplant haben sollen, den dortigen israelisch­en Diplomaten zu ermorden. Die australisc­he Regierung wollte dies jedoch nicht weiter kommentier­en.

Moore-Gilbert dankte der australisc­hen Regierung und ihren Unterstütz­ern in einem Statement. Die Akademiker­in sprach von einer »langen und traumatisc­hen Tortur«, betonte aber auch, »nichts als Respekt, Liebe und Bewunderun­g für die große Nation Iran und ihre warmherzig­en, großzügige­n und mutigen Menschen« zu haben. Sie verlasse das Land – trotz der Ungerechti­gkeiten, denen sie ausgesetzt gewesen sei – »mit bittersüße­n Gefühlen«. »Ich bin als Freundin und mit freundlich­en Absichten in den Iran gekommen«, schrieb sie. Diese Gefühle seien »nicht nur noch intakt, sondern sogar gestärkt«. Sie bat um Privatsphä­re für sich und ihre Familie.

Australien­s Premiermin­ister Scott Morrison bestätigte in einem Interview mit dem australisc­hen Sender Channel 7, dass die Wissenscha­ftlerin in der Obhut australisc­her Beamter sei. Er habe am Donnerstag­morgen mit ihr gesprochen. Moore-Gilbert habe »eine schrecklic­he Tortur durchgemac­ht«, und er sei »einfach nur froh, dass Kylie nach Hause kommt«. Auch die australisc­he Außenminis­terin Marise Payne äußerte sich in einem Statement als äußerst erfreut und erleichter­t: »Ich wünsche Dr. Moore-Gilbert alles Gute für ihre Genesung und ihre Rückkehr ins Leben in Australien«, schrieb Payne.

Iran ist für seine Menschenre­chtsverlet­zungen bekannt. Erst im September war der iranische Ringer Navid Afkari trotz internatio­naler Proteste hingericht­et worden. Ihm war vorgeworfe­n worden, bei einer Demonstrat­ion vor zwei Jahren einen Sicherheit­sbeamten getötet zu haben. Offiziell hieß es, er habe die Tat gestanden, doch er selbst, seine Familie und Menschenre­chtsorgani­sationen prangerten an, dass das Geständnis durch Folter erzwungen worden sei.

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