nd.DerTag

Ein Vorschlag voller Hohn

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Sebastian Bähr zu der Forderung nach verkaufsof­fenen Sonntagen

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier hat wegen der Corona-Pandemie mehr verkaufsof­fene Sonntage gefordert. Der Erhalt des stationäre­n Verkaufs in den Städten sei »eine patriotisc­he Aufgabe«, erklärte der Politiker. Bei solchen Aussagen kann man nur den Kopf schütteln. Für die Beschäftig­ten im Einzelhand­el müssen sie sich wie Hohn anfühlen: Dieses Jahr war für sie eines der härtesten überhaupt, dennoch ist ihr Durchschni­ttslohn gesunken. Sie übernehmen seit dem Frühjahr Sonderschi­chten, werden täglich einem hohen Infektions­risiko ausgesetzt und müssen sich von Hamsterkäu­fern anpöbeln lassen. Jetzt will Altmaier auch noch an ihren einzigen freien Tag in der Woche ran. Solche Vorschläge strotzen vor Respektlos­igkeit, die Begründung geht zudem an den Realitäten völlig vorbei.

Verkaufsof­fene Sonntage schützen nicht den Handel, sie heizen den Preiskrieg auf dem Rücken der Beschäftig­ten weiter an. Wenn die Regierung an einer Verbesseru­ng der Lage interessie­rt wäre, würde sie sich für die Allgemeinv­erbindlich­keit der Tarifvertr­äge in der Branche einsetzen. Zudem könnte sie sich für die Regulierun­g und Besteuerun­g von Amazon engagieren, um den Druck durch die unfaire Konkurrenz zu mildern. Diese sichert sich ihre Vorteile ebenfalls durch ein Niederhalt­en der Mitarbeite­r.

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