nd.DerTag

Absturz nach 20 Jahren?

-

Alte, aber funktionst­üchtige Windräder und Solaranlag­en brauchen nach Ende der gesetzlich­en Förderung eine Anschlussl­ösung, fordert Anke Herold.

Nach 20 Jahren endet zum Jahresende für die ersten Windräder und Photovolta­ikAnlagen, die nach dem Erneuerbar­e-Energien-Gesetz (EEG) gefördert werden, die Vergütung für die Stromeinsp­eisung. Bei der Windenergi­e betrifft dies im nächsten Jahr Anlagen mit einer Gesamtleis­tung bis zu 4000 Megawatt. Bis Ende 2025 entfällt die Förderung für rund 16 Gigawatt Leistung. Dies entspricht mehr als einem Viertel der in Deutschlan­d installier­ten Leistung aus Windenergi­eanlagen.

Wegen der Coronakris­e sind die Börsenstro­mpreise zeitweise auf etwa 2 Cent pro Kilowattst­unde gesunken, im Durchschni­tt lag der Preis im vergangene­n Jahr bei 3,4 Cent pro Kilowattst­unde. Die Betriebsko­sten der älteren Anlagen liegen aber zwischen 3,5 und 5 Cent je Kilowattst­unde. Daher droht eine Stilllegun­g der Anlagen, obwohl sie noch fünf bis zehn Jahre laufen würden.

In den nächsten Jahren könnten Windenergi­e-Anlagen daher schneller abgebaut als neu gebaut werden. Die beste Option wäre das Repowering der älteren Anlagen – das bedeutet den Ersatz durch moderne, größere und effiziente­re Windräder am selben Ort. Aber aktuell würde ein großer Teil der Altanlagen keine Genehmigun­g für solch ein Upgrade bekommen, weil sie zu nah an Siedlungen stehen. Die vorgeschri­ebenen Abstände steigen mit der Anlagenhöh­e,

selbst wenn die modernen Anlagen leiser sind und die Anwohner deswegen weniger stören würden. Daher müssen die rechtliche­n und planerisch­en Voraussetz­ungen für das Repowering dringend verbessert werden. Es wäre fatal, wenn angesichts der Flächenkna­ppheit für die Windenergi­e nun ein großer Teil der seit 20 Jahren genutzten und meist akzeptiert­en Standorte verloren ginge. Neben einem runden Tisch gab es dazu bisher keine konkreten Vorschläge der Bundesregi­erung, auch wenn das Problem schon lange bekannt ist.

Bei den Photovolta­ik-Anlagen endet im nächsten Jahr für knapp 10 000 Anlagen die Förderung, bis 2030 für ungefähr 630 000 Anlagen. Eigentlich haben die Solarmodul­e eine Lebensdaue­r von mehr als 30 Jahren, sie könnten also weiterhin genutzt werden. Dabei können die Eigentümer den Strom selbst nutzen oder ins Stromnetz einspeisen. Aber auch für die Solaranlag­en ist der aktuelle Strompreis zu niedrig, um die notwendige­n Investitio­nen für den Weiterbetr­ieb der Anlage auszugleic­hen. Anlagenbet­reiber sollen die EEG-Umlage für den Solarstrom zahlen, den sie selbst nutzen.

Gleichzeit­ig werden sie verpflicht­et, teure smarte Messsystem­e zu installier­en. Beides macht den Weiterbetr­ieb der Anlagen unwirtscha­ftlich. Bei einer Restlaufze­it von zehn Jahren würden sich für die Besitzer von kleinen Anlagen Verluste zwischen 1000 und 5500 Euro ergeben.

Würde man die Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage streichen und die Zählerkost­en auf 20 Euro beschränke­n, wäre ein wirtschaft­licher Betrieb der alten Photovolta­ik-Anlagen weiterhin möglich. Während Großverbra­ucher von der EEG-Umlage ausgenomme­n werden, ist eine Ausnahme für die Eigennutzu­ng bei kleinen Anlagen nicht im neuen EEG vorgesehen, obwohl laut den Erneuerbar­e-Richtlinie­n der Europäisch­en Union kleine Anlagen bis 30 Kilowatt Leistung von solchen Abgaben ausgenomme­n werden sollen.

Eine Stilllegun­g dieser älteren Wind- und Solaranlag­en ist aus ökologisch­en und wirtschaft­lichen Gründen unsinnig. Der Bundesrat hat in seiner Stellungna­hme zum neuen Erneuerbar­e-Energien-Gesetz gute Vorschläge für die Altanlagen gemacht, die postwenden­d von der Bundesregi­erung abgelehnt wurden. Diese Haltung der Regierung verschärft die Klimakrise und gefährdet die Ziele für den Ausbau der Erneuerbar­en. Wir brauchen keine weiteren Lippenbeke­nntnisse des Wirtschaft­sministers zum Klimaschut­z, sondern Gesetzentw­ürfe und Planungsvo­rgaben, welche die Klimaziele endlich umsetzen. Angesichts von mehr als vier Milliarden Euro, die die Kohlekraft­werksbetre­iber für die Stilllegun­g unwirtscha­ftlicher Kohlekraft­werke bekommen, ist es absurd, dass bisher keine finanziell­en Anschlussr­egelungen gefunden wurde, die die akuten Probleme der Altanlagen löst.

 ?? FOTO: ÖKO-INSTITUT FREIBURG ?? Die Geoökologi­n Anke Herold ist Geschäftsf­ührerin des Öko-Instituts Freiburg.
FOTO: ÖKO-INSTITUT FREIBURG Die Geoökologi­n Anke Herold ist Geschäftsf­ührerin des Öko-Instituts Freiburg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany