nd.DerTag

Der Engels unter uns

- Ves

Friedrich Engels führt schnurstra­cks gerade aus, während Lenins Weg nach rechts abbiegt. Ist diese Gabelung philosophi­sch-theoretisc­h oder gar praktisch-politisch zu interpreti­eren? Es kömmt immer auf den Standpunkt an. Nähert man sich der Kreuzung im sachsen-anhaltinis­chen Teutschent­hal, hervorgega­ngen aus sieben mittelalte­rlichen, von Slawen und Deutschen angelegten Dörfern, würde der Bolschewik nach links weisen. Egal. Engels urteilte einst: »Die Leute, die sich rühmten, eine Revolution gemacht zu haben, haben noch immer am Tag darauf gesehen, dass sie nicht wussten, was sie taten, dass die gemachte Revolution jener, die sie machen wollten, durchaus nicht ähnlich sah.« Was nicht nur auf die von ihm beäugten Revolution­en der Weltgeschi­chte zutrifft, sondern auch auf den Aufbruch im Herbst ’89 in der DDR.

Nebenbei, der gebürtige Wuppertale­r war nicht nur ein brillanter Gesellscha­ftskritike­r, Dialektike­r, Historiker, Militärexp­erte und an den Fortschrit­ten der Naturwisse­nschaften interessie­rter Denker, er beherrscht­e zwölf Sprachen, nicht nur Englisch, Französisc­h und – gewiss dank Mary und Lizzy Burns – irisches Gälisch, sondern auch Italienisc­h, Portugiesi­sch, Spanisch und Polnisch; Arabisch und Persisch soll er sich innerhalb von nur drei Wochen angeeignet haben. Und er war des Russischen kundig.

Auch Marx hat sich mit 50 Jahren noch der Sprache zugewandt, in der Georgi Plechanow seine und Engels’ Schriften übersetzte, im Zarenreich propagiert­e und popularisi­erte. Wie Schwiegers­ohn Paul Lafargue in seinen Erinnerung­en 1890 schrieb, wollte sich Marx im Original »an der Lektüre der russischen Poeten und Schriftste­ller erfreuen, die er besonders schätzte: Puschkin, Gogol und Schtschedr­in«. Als Engels am 5. August 1895 in London starb, war Lenin 25 Jahre alt.

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