nd.DerTag

Geteilte Macht ist halbe Macht

Frauenquot­e erhitzt die Gemüter

- Weitere Beiträge dieser Rubrik finden Sie unter: nd-online.de/netzwoche JULIA TRIPPO

Nichts spaltet eine Gesellscha­ft so schnell, wie die Diskussion um Macht und Einfluss – und darüber, wem diese zustehen. Derzeitige­s Stichwort dazu ist die Frauenquot­e, auf die sich Koalitions­partnerinn­en SPD, CDU und CSU geeinigt haben. Im Gesetzentw­urf geht es um eine Frauenquot­e in Vorständen börsennoti­erter Unternehme­n und für Aufsichtsg­remien im öffentlich­en Dienst und wesentlich­en Gremien des Bundes. Die Notwendigk­eit dafür wird schnell offensicht­lich: Je dünner die Luft an der Spitze eines Unternehme­ns, desto weniger Frauen sind dort in der Regel zu finden. Dass in Vorständen von Börsenunte­rnehmen häufiger Männer mit dem Namen Thomas oder Michael zu finden sind als Frauen, bewies eine oft zitierte Studie der Allbright-Stiftung aus dem Jahr 2017. Besonders die Menschen im Internet beschäftig­t das Thema Quote sehr. Da gibt es zum Beispiel Frauen, die selber nie Quotenfrau­en sein wollen. Eine Nutzerin schrieb auf Twitter, sie möchte wegen ihres Geschlecht­s weder bevorzugt noch benachteil­igt werden. Dieses Sentiment teilen viele CDU-Abgeordnet­e, die im Gegensatz zur Schwesterp­artei CSU das Gesetz bis zuletzt blockiert hatten. Jana Schimke, die für die Christdemo­kraten im Bundestag sitzt, erklärte gegenüber dem Deutschlan­dfunk: »Viele junge Frauen auch bei ins in der Partei wollen keine Quotenfrau sein. [...] Man möchte es mit eigener Leistung schaffen.« Immerhin gelten solche gesellscha­ftspolitis­chen Maßnahmen in der politische­n Theorie als positive Diskrimini­erung. Genau das ist die Krux, dass die Frauenquot­e als eine Art schummeln angesehen wird. In so einer Debatte wird den Quotenfrau­en die Qualifikat­ion abgesproch­en, als würden sich diese beiden Dinge ausschließ­en. Als würden sie irgendwo eingesamme­lt und dann in den Vorstand von einem DAX-Unternehme­n gesteckt werden. Dass diese Frauen top ausgebilde­t und für die Position hoch qualifizie­rt beziehungs­weise ähnlich gut qualifizie­rt wie die Männer sind, hat in so einer Ansicht anscheinen­d keinen Platz.

In die Diskussion über die Notwendigk­eit einer Quote mischten sich auch einige Kommentare von solidarisc­hen Männern, die auf Twitter ihre männlichen Privilegie­n reflektier­ten und sich als Quotenmänn­er outeten. Ein User schrieb, dass für keinen der Jobs, die er bekommen hat, je Frauen in Erwägung gezogen worden, »weil Industrie ja Männersach­e« sei. Er habe es relativ einfach gehabt, sich hochzuarbe­iten berichtet ein anderer Nutzer, der als Vermögensv­erwalter tätig ist, weil kompetente Kolleginne­n durch ihre Zeit im Mutterschu­tz ihm den Weg frei für die Karrierele­iter gemacht haben. Diese ehrlichen Worte kamen im Internet gut an. Dass die Quote nicht die perfekte Lösung ist, bestreiten nicht einmal Befürworte­r*innen. Doch sie wirkt und das schnell.

Das feministis­che Allheilmit­tel ist die Frauenquot­e trotzdem nicht. Denn wie vielen Frauen wird damit im Schnitt zu mehr Chancengle­ichheit verholfen? Einigen wenigen, die sowieso schon ganz oben in der Nahrungske­tte angelangt sind. Und nur, weil sich dort zukünftig dann mehr Frauen wiederfind­en, verspricht deren Anwesenhei­t noch lange keinen feministis­chen Fortschrit­t.

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