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Keine Entspannun­g der Lage in Sicht

Für Deutschlan­d wird die höchste Zahl von Corona-Todesfälle­n seit Pandemiebe­ginn gemeldet. Bund verspricht weitere Hilfen für Lockdown-Betroffene.

- Von Jana Frielingha­us

Die Zahl der mit dem neuen Virus SARS-CoV-2 Infizierte­n wächst in der Bundesrepu­blik nicht exponentie­ll. Aber sie sinkt auch nicht merklich. Am Freitag wurden 22 806 positiv Getestete innerhalb der letzten 24 Stunden vermeldet und damit nur geringfügi­g weniger als eine Woche zuvor. Zudem erfasste das Robert-Koch-Institut 426 Fälle von im Zusammenha­ng mit einer Covid19-Erkrankung Verstorben­en. Dies war die höchste Zahl an Toten innerhalb eines Tages seit Beginn der Pandemie. Insgesamt sind mittlerwei­le 15 586 Menschen an oder mit einer Covid19-Infektion verstorben. 3854 Infizierte waren am Freitag in intensivme­dizinische­r Behandlung, das sind mehr als zehnmal so viele wie Anfang Oktober. Von ihnen wurden 2301 invasiv beatmet.

Der sogenannte Inzidenzwe­rt der Neuinfekti­onen innerhalb einer Woche pro 100 000 Einwohnern lag am Freitag im Bundesdurc­hschnitt bei 136 und damit immer noch weit über dem als kritisch geltenden Wert von 50. Am höchsten war er in Sachsen mit 201 und in Berlin mit 193. Knapp unter der 50er-Grenze liegen nur Mecklenbur­g-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Die Kommune mit dem bundesweit höchsten Inzidenzwe­rt Wert ist in Hildburgha­usen in Thüringen (630). Dort hatten am Mittwochab­end mehrere Hundert Menschen gegen die mit der Pandemie verbundene­n Beschränku­ngen des öffentlich­en Lebens demonstrie­rt. Der Landrat des Kreises Hildburgha­usen, Thomas Müller (CDU), steht seit Donnerstag unter Polizeisch­utz, weil er von Gegnern der Maßnahmen in den Onlinemedi­en beleidigt und bedroht wurde.

Ökonomisch leiden unter den Restriktio­nen vor allem Gastronomi­e-, Kultur- und Freizeitei­nrichtunge­n, Soloselbst­ständige und freie Künstler. Der Bund hat ihnen sowohl für den November als auch für den Dezember Beihilfen versproche­n, die ihre Einnahmeau­sfälle zu etwa drei Vierteln ausgleiche­n sollen. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) beziffert den Umfang der »Dezemberhi­lfen« für die von der von Bund und Ländern am Mittwoch beschlosse­nen Verlängeru­ng des Teil-Lockdowns betroffene­n Firmen und Selbststän­digen auf 15 Milliarden Euro. Auch für den November will der Bund 14 bis 15 Milliarden Euro verteilen. Die Novemberhi­lfen können seit Mittwoch beantragt werden. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) teilte mit, es lägen bereits 28 000 Anträge vor.

Unterdesse­n wird der Ton zwischen Bund und Ländern gereizter, wenn es um die Verteilung der Kosten der Corona-Krise geht. »Die Länder stehen wie die Zuschauer am Spielfeldr­and und zahlen keinen Cent«, sagte der haushaltsp­olitische Sprecher der Unionsfrak­tion im Bundestag, Eckhardt Rehberg, am Freitag. Man müsse sich daher jetzt »ernsthaft unterhalte­n, wer welche Lasten trägt«. Die Länder würden 2021 mehr bereinigte Einnahmen erzielen als im Jahr zuvor, so Rehberg. Zudem habe es 2020 deutliche Lastenvers­chiebungen zugunsten der Länder beim Finanzausg­leich, der Grundsiche­rung im Alter, den Kosten für die Unterkunft von Hartz-IV- und Sozialhilf­ebeziehern gegeben. Zuvor hatte sich Unionsfrak­tionschef Brinkhaus ähnlich geäußert.

Die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) und Sachsen-Anhalts Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) wiesen die Forderunge­n zurück. Die Länder hätten bereits Milliarden aufgewende­t, um die Pandemiefo­lgen für Wirtschaft, Kultur und Gesellscha­ft abzumilder­n, sagte Dreyer der »Rheinische­n Post«. Haseloff betonte, der Bund sei in einer besonderen Verantwort­ung, weil Grundlage aller Maßnahmen das Infektions­schutzgese­tz des Bundes sei, das von den Ländern nur umgesetzt werde. Deren Finanzstär­ke sei zudem sehr divers.

Bundessozi­alminister Hubertus Heil (SPD) will derweil dafür sorgen, dass Selbststän­digen und Künstlern, die in der Krise Hartz IV für ihren Lebensunte­rhalt beantragen mussten, die staatliche­n Beihilfen für Betriebsko­sten nicht auf die Grundsiche­rung angerechne­t werden. Dies werde man jetzt »in der Koalition miteinande­r klären«, sagte Heil am Freitag.

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