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»Diese Schnüffele­i ist nicht akzeptabel«

Schufa will offenbar Kontoauszü­ge von Verbrauche­rn durchleuch­ten.

- Von Gabi Kotlenko

Die Schufa, Deutschlan­ds größte Wirtschaft­sauskunfte­i, plant offenbar, die Kontoauszü­ge von Verbrauche­rn zu durchleuch­ten. Nach Recherchen von NDR, WDR und »Süddeutsch­er Zeitung« hat das Unternehme­n kürzlich im Rahmen einer Zusammenar­beit mit dem Mobilfunkk­onzern Telefónica/O2 erste Schritte unternomme­n, um an solche sensiblen Daten zu gelangen. Aktuell läuft ein Test in Kooperatio­n mit Telefónica/O2. Mögliche Neukunden, die aufgrund schlechter Bewertung normalerwe­ise durchs Raster fallen und keinen Handyvertr­ag bekommen würden, gewähren der Schufa Einblick auf ihr Konto.

Verbrauche­rschützer lehnen die Pläne ab. »Die Kontoschnü­ffelei der Schufa ist nicht akzeptabel«, kritisiert­e Klaus Müller, Vorstand des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­andes. »Eine solch tiefe Datenauswe­rtung der Kontobeweg­ungen für Scoringzwe­cke erlaubt Rückschlüs­se auf Persönlich­keit, wirtschaft­lichen Status und selbst politische Orientieru­ngen der Kunden und führt damit letztlich zum vollkommen durchleuch­teten Verbrauche­r.« Man prüfe rechtliche Schritte für den Fall, dass die Schufa die Pläne umsetzt.

Der frühere Bundesdate­nschutzbea­uftragte Peter Schaar befürchtet Nachteile für Kunden. »Ich mache mich da wirklich nackig, wenn ich diesen Einwilligu­ngsbutton bestätige.« Darüber hinaus könne die Schufa an die Daten Dritter gelangen, die in Kontoauszü­gen auftauchen. Auch kann sie genauen Einblick in die Kontobeweg­ungen bekommen, also sehen, wie viel Gehalt eine Person bekommt, was sie für Versicheru­ngen, Einkäufe, Unterhalt ausgibt. Zudem kann man Faktoren wie Glücksspie­l erkennen.

Die Schufa hat bereits heute Zugriff auf weitreiche­nde Informatio­nen über viele Menschen, die nicht nachvollzi­ehen können, wie die Daten genutzt werden. Die Nutzung vieler dieser Daten ist fragwürdig, etwa die Informatio­n, in welchem Wohngebiet jemand lebt.

Zaklin Nastic, Bundestags­abgeordnet­e der Linksparte­i, betonte am Freitag: »Gestern noch hat meine Fraktion einen Antrag eingereich­t, in dem wir fordern, Bonitätsab­fragen bei Verträgen jenseits von Krediten zu verbieten. Zeitgleich dann dieser Generalang­riff der Schufa auf Menschen mit wenig Geld und Einkommen. Unter dem Deckmantel der Barmherzig­keit, Menschen eine zweite Chance zu geben, will sie noch privatere Daten abgreifen. Wir werden gegen diese Pläne Sturm laufen, darauf kann sich die Schufa gefasst machen.«

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