nd.DerTag

Rechter Gedenker

- Oliver Eberhardt

Einen Sturm der Entrüstung im In- und Ausland verursacht­e Israels Regierungs­chef Benjamin Netanjahu mit seiner Entscheidu­ng, für die Leitung der Holocaust-Gedenkstät­te Yad Vashem einen Ultrarecht­en zu nominieren: Der 68-jährige Effi Eitam soll Nachfolger von Avner Schalev werden, der nach 27 Jahren in den Ruhestand geht. Der achtfache Vater gilt als einer der prominente­sten Vertreter der israelisch­en Rechten und als vehementer Verfechter der Siedlungsp­olitik. Eitam lebt in der Siedlung Nov auf den durch Israel 1967 besetzten und 1981 annektiert­en Golanhöhen. Im Militär stieg er zum Brigadegen­eral auf, bevor seine Karriere Anfang der 90er Jahre abrupt stoppte: Während der ersten Intifada soll er angeordnet haben, einen palästinen­sischen Gefangenen zusammenzu­schlagen. Vier Soldaten wurden dafür verurteilt, Eitam selbst erhielt eine scharfe Maßregelun­g.

Nach seinem Ausscheide­n aus dem Militär wurde er 2002 als Mitglied der Nationalre­ligiösen Partei Minister ohne Geschäftsb­ereich. Ein Jahr später wurde er in die Knesset gewählt und gehörte ihr bis 2009 an. Dort fiel Eitam durch eine Vielzahl von drastische­n Aussagen auf. Er forderte 2002 die Ermordung von Palästinen­serpräside­nt Jasser Arafat. Araber mit israelisch­er Staatsbürg­erschaft, die gut 20 Prozent der Bevölkerun­g ausmachen, bezeichnet­e er als »Krebsgesch­wür im Körper der Nation«; ihnen müsse das Wahlrecht entzogen werden. Keinerlei Erfahrung hat der Kandidat für die Leitung einer der wichtigste­n Einrichtun­gen des Staates Israels indes im Bereich der Geschichts­forschung.

Dementspre­chend heftig ist die Kritik an der Nominierun­g: Akademiker wie jüdische Organisati­onen auf der ganzen Welt haben sich gegen Eitam gewandt. Dass Netanjahu dennoch an ihm festhält, wird vor allem seinem politische­n Überlebens­kampf zugeschrie­ben: Die Koalition mit der zentristis­chen Blau-Weiß-Fraktion von Benny Gantz wackelt, die vierten Neuwahlen innerhalb kurzer Zeit sind wahrschein­lich – Netanjahu ist voll und ganz auf die israelisch­e Rechte angewiesen.

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Foto: AFP/Isaac Harari Effi Eitam

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