Politische Legende
Luiza Erundina de Sousa, die sozialistische Vizekandidatin von Guilherme Boulos bei der Bürgermeisterwahl in São Paulo, besitzt in Brasilien hohes Prestige. Kurz nach dem Ende der Diktatur wirkte sie von 1989 bis 1992 selbst als Bürgermeisterin von São Paulo. Als erste Frau in Lateinamerika stand sie an der Spitze der Präfektur einer Millionenstadt. In ihrer Stadtregierung waren weitere prägende Figuren dieser Epoche tätig, wie der weltbekannte Pädagoge Paulo Freire, die Philosophin Marilena Chauí, der Gesundheitsexperte Eduardo Jorge oder der Sozialwissenschaftler und Journalist Perseu Abramo. Bei vielen »Paulistas« gilt Erundina bis heute als die fähigste Bürgermeisterin, die die Stadt je hatte.
Erundina wurde 1934 in Uiraúna im Hinterland des nordöstlichen Bundesstaates Paraíba als siebtes von zehn Kindern in die Familie eines Sattlers geboren. Während der Diktatur (1964 bis 1985) betätigte sie sich zeitweilig bei den für eine Agrarreform kämpfenden Bauernligen der illegalen Kommunistischen Partei Brasiliens. In São Paulo arbeitete sie vor ihrer politischen Karriere als Sozialarbeiterin in den Favelas mit Familien, die aus dem Nordosten Brasiliens hierher migriert waren. Von Beginn an gehörte Erundina der 1980 gegründeten Arbeiterpartei PT unter dem Metallarbeiterführer Lula da Silva an. 1998 wechselte sie zur sozialdemokratischen PSB, mit der sie 2016 brach, weil diese das Impeachment gegen Dilma Rousseff mittrug. Ihr Nein widmete sie denjenigen, »die ihr Leben für die Demokratie in Brasilien gaben«, sowie dem Kampf für die Selbstbestimmung der Frauen. Im selben Jahr schloss sich Erundina, die seit 1999 ununterbrochen dem Abgeordnetenhaus in Brasília angehört, der PSOL an.