Briefe an die Redaktion
Zu Bidens Wahlsieg, »Querdenker«-Demonstrationen und frauenpolitischem Engagement
Ende gut, alles gut?
Die Präsidentschaft von Donald Trump hat die USA kulturell um Jahrzehnte zurückgeworfen. Der von ihm befeuerte Rassismus ist zu neuer Blüte gereift. Mit seinen Lügen und Angriffen auf diejenigen, die eine andere Meinung vertreten als er, hat er das gesellschaftliche Klima vergiftet. Meinungs- und Pressefreiheit wurden von Trump mit Füßen getreten. Er war bei Weitem kein Präsident aller Amerikaner.
Die Vereinigten Staaten brauchen jetzt eine Phase der Aufklärung, damit die tiefgehende Spaltung in Schwarz und Weiß, in Arm und Reich überwunden werden kann. Die Grundsätze der amerikanischen Verfassung und ihre Symbolkraft als älteste Demokratie der Welt könnten dann zu neuem Leben erweckt werden.
Zu »Eine gefährliche Hinterlassenschaft«, 5.11, S. 1; online: dasND.de/1144007
Diese Wahl und die sie begleitenden Umstände haben wieder einmal deutlich gemacht, wie traurig es um die Weltmacht Nummer 1 bestellt ist. Bildung, soziale Absicherung und Gesundheitsvorsorge für den Durchschnitts-US-Bürger lassen sehr zu wünschen übrig. Das Rassenproblem ist auch nach Jahrzehnten nicht gelöst. Die USA nehmen sich das Recht heraus, andere Länder, die sich erlauben, den von den USA vorgeschriebenen Weg zu verlassen, mit Bombardements zu bestrafen (Vietnam, Irak, Afghanistan, Libyen, nicht zu vergessen Panama-Stadt Weihnachten 1989 …) Die Folgen solcher Politik treiben Millionen in die Flucht. Es wird höchste Zeit, dass diese Politik eine Richtungsänderung
erfährt und die Probleme im eigenen Land friedlich gelöst werden.
Biden ist Wahlsieger. Was erwartet uns nun an wesentlicher Politikänderung im Interesse von Millionen US-Bürgern und vielleicht dieser Welt? Reicht es tatsächlich schon, wenn ein Trump mit seinen Eskapaden Geschichte ist? Wie demokratisch sind Wahlen, wenn Wähler zwischen zwei Milliardären wählen dürfen, die verschiedenen Wirtschafts-Clans vorstehen? Macht es schon die große Demokratie, wenn Regierende in Deutschland und Europa bessere Bedingungen für die eigene Wirtschaft erwarten?
Roland Winkler, Aue
Es besteht kaum Anlass zu den euphorischen Elogen der transatlantischen Weihrauchschwenker in Politik und Medien der westlichen Hof- und Bündnisstaaten Amerikas, die mit der Wahl Joe Bidens eingesetzt haben. Denn auch unter ihm gilt das Handlungsprinzip »America First«, günstigstenfalls als geringfügig »ent-trumpte« Variante. Da wird man an das Sprichwort von den gleichen Brüdern und gleichen Kappen erinnert, das jeglichen Hoffnungen, so auch auf friedfertigere Beziehungen zwischen USA und Nato einerseits sowie Russland und China andererseits, kaum Nahrung zu bieten verspricht.
Warum glauben viele, dass mit Joe Biden und Kamala Harris vieles besser wird? Trumps Vorgänger, Präsident Obama, hat die Drohnenmorde ausgeweitet. Obwohl die Drohnen von Ramstein aus gesteuert werden, hat unsere Regierung das nicht verhindert. In den USA vegetieren Millionen in Armut ohne Krankenversicherung. Auch das hat unsere Regierung nie kritisiert, ebenso wenig wie die weltweiten Kriege der USA.
Die künftige US-Vizepräsidentin Harris missachtet das Völkerrecht, indem sie die von Israel annektierten palästinensischen Gebiete als Territorium Israels bezeichnet. Sie hat als Generalstaatsanwältin über tausend Menschen wegen Marihuanabesitz ins Gefängnis gebracht. Warum wird eine Frau, die sich gegen die Armen profiliert, um Karriere zu machen, als Hoffnungsträger dargestellt, nur weil sie eine Schwarze ist?
Andreas Meißner, Dresden
Ulrike Müller, Zwickau
Zu »Glaube an ein besseres Amerika«, 9.11, S.1
Prof. Dr. Gregor Putensen, Greifswald
Roland Großmann, Gera
Unter Biden könnte sich in den USA auf sozialem Gebiet einiges ändern. Auf außenpolitischem Gebiet wird sich sicher der Ton ändern, aber die geopolitischen Gegensätze bleiben bestehen. Also keine falschen Illusionen. Immerhin wurde Trump wieder von fast der Hälfte gewählt.
Unsere Medien entwarfen ein USA-Bild zwischen Silicon Valley und Lady Gaga, dazwischen etwas Rassismus und Waldbrand in Kalifornien. Die Gläubigkeit an Werte, demokratische Errungenschaften und Freiheiten in den USA hat in der Bundesrepublik so zugenommen, dass die Abhängigkeit auf ökonomischem, sicherheitspolitischem, auch kulturellem Gebiet hingenommen, ja bis zur Erpressbarkeit (ich denke an Nord Stream 2, Zollpolitik oder Truppenabzug) akzeptiert wird.
Franz Tallowitz, Saterland