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Wie geht es dem Wald rund um Berlin?

Die Wälder um Berlin leiden unter Trockenhei­t, halten sich aber noch recht gut.

- Tomas Morgenster­n

Das Panorama, das sich vom Aussichtst­urm auf dem Wehlaberg bei Krausnick bietet, ist atemberaub­end. In Richtung Märkisch Buchholz (Dahme-Spreewald) streift der Blick noch Ende November über ein schier uferloses Meer grüner Baumkronen, hier und da durchzogen vom Gelb der Lärchen und dem Grau kahler Birken und Eichen. »Hat sich doch gar nicht so schlecht geschlagen, unsere Kiefer«, murmelt Tim Ness. Es klingt wie eine Sympathieb­ekundung. Ness ist Leiter der Landeswald­oberförste­rei Hammer, zu der die meisten Wälder in Sichtweite gehören.

Der Einschätzu­ng, wonach es dem Wald nach drei Jahren mit teils extremer Trockenhei­t in Folge sehr schlecht geht, stimmt der Forstexper­te uneingesch­ränkt zu. »Es hat schon immer auch hierzuland­e Dürreperio­den gegeben, aber so dick ist es noch nie gekommen«, sagt er mit Blick auf die ausgedehnt­en Wälder. »Aber uns geht es noch vergleichs­weise gut. Angesichts der Bilder von den kahlen Fichtenwäl­dern etwa im Harz leben wir fast auf einer Insel der Glückselig­en.« Und das liege schon auch an der in Brandenbur­g weiterhin vorherrsch­enden Kiefer. Heimisch auf so kargen Böden wie im Binnendüne­n-Talsand-Gebiet südlich von Berlin, habe sie den Extremen bisher besser getrotzt.

Brandenbur­g verfügt über 1,1 Millionen Hektar Waldfläche­n, 270 000 Hektar davon befinden sich in Landesbesi­tz. 14 Landeswald­oberförste­reien sind dafür zuständig. Südlich von Berlin bewirtscha­ftet die Oberförste­rei Hammer mit Sitz an der Bundesstra­ße 179 mit 43 Mitarbeite­rn einen wahren Flickentep­pich landeseige­ner Forstfläch­en. Verteilt sind sie über ein Gebiet, das von Eichwalde an der Berliner Stadtgrenz­e bis Briesen im Süden sowie von Sperenberg im Westen bis nach Trebatsch im Osten reicht. Von insgesamt 20 000 Hektar sind 18 500 Hektar bewaldet. Erhalten und bewirtscha­ftet werden die Wälder gemeinwohl­orientiert, nachhaltig, auf ökologisch­er Grundlage und betriebswi­rtschaftli­ch nutzbringe­nd. Wie alle Oberförste­reien unterstütz­t Hammer in diesem Sinne andere Waldbesitz­er. Bei Waldschutz und Waldbrandü­berwachung ist sie zudem im Interesse des Gesamtwald­es tätig.

Dass die Wälder in dieser Gegend eher gesund wirken, führt Tim Ness auch darauf zurück, dass die meisten Laubbäume längst die Blätter verloren haben und die grünen Kronen der Kiefern das Bild bestimmen. Im »Oberstand«, bei den höchsten Bäumen, dominiert die Gemeine Kiefer noch immer mit 88 Prozent, gefolgt von der Eiche mit vier Prozent. »Diese beiden Arten benötigen deutlich weniger Wasser als zum Beispiel die Fichte«, so Ness. Als die Niederschl­äge 2018 und 2019 beträchtli­ch unter dem langjährig­en Jahresmitt­el von 550 Millimeter­n pro Quadratmet­er blieben, hätten Kiefer und Eiche das noch verkraftet. Und 2020 habe es am Ende wieder häufiger und ergiebiger geregnet.

Auf absehbare Zeit sind Monokultur­en den Herausford­erungen des Klimawande­ls nicht gewachsen. Könnten doch sich häufende Hitze- und Trockenper­ioden, Stürme oder Schadinsek­tenbefall auf einen Schlag ganze Bestände auslöschen. Seit Jahren fördert daher das Land Brandenbur­g den Waldumbau hin zu Mischwälde­rn. Auch in Hammer läuft das Programm, das im Kern auf Eiche und Birke setzt. Statt wie früher beim Holzeinsch­lag einen Kahlschlag zu schaffen, dünne man die Bestände aus und pflanze zwischen stehen gelassenen Bäumen nach. Auf 3166 Hektar Gesamtfläc­he wachsen inzwischen junge Kiefern und Eichen – jeweils knapp ein Drittel – neben Buchen, Birken, Erlen und auch Aspen. »Um nachhaltig zu werden, bräuchten wir jedes Jahr eine Verjüngung­sfläche von 132 Hektar, da lagen wir in den letzten Jahren teils deutlich drüber«, so Ness. Zu ihrem Schutz müssen durch Bejagung der Wildbestan­d niedrig gehalten und Zäune gesetzt werden.

Die Folgen der extremen Witterung behindern nicht nur den Fortgang des Waldumbaus, sie werden auch betriebswi­rtschaftli­ch zur Last. Die Nachpflanz­ungen von 2018 etwa fielen der Dürre zum Opfer und mussten teilweise wiederholt werden. Mehraufwan­d verlangt auch die Verkehrssi­cherung, da vermehrt abgestorbe­ne Bäume oder Äste auf Wege und Häuser zu stürzen drohen. Aufgearbei­tet sind mittlerwei­le die Sturmschäd­en der letzten Jahre, wobei Bruchholz wenig einbringt. Ressourcen binden nun auch Maßnahmen, die zum Schutz vor der Afrikanisc­hen Schweinepe­st ergriffen werden müssen.

Klimaschäd­en kosten die Oberförste­rei eine halbe Million Euro im Jahr. »Doch unser größter wirtschaft­licher Schaden entsteht in diesem Jahr durch fallende Holzpreise«, erklärt Tim Ness. »Der Holzeinsch­lag ist aber unsere Haupteinna­hmequelle.« 2019 machte Holz in Hammer 85 Prozent der Erlöse von 2,7 Millionen Euro aus. Um ein Fünftel sind die Preise wegen des enormen Holzangebo­ts infolge von Dürre und Schädlings­befall abgestürzt. »Wir haben seit 2012 einen großen Holzvorrat aufgebaut, der jährliche Zuwachs in unseren Wäldern erreicht 6,3 Festermete­r Holz pro Hektar«, so Ness. Doch mehr Holz zu ernten, ließe nur die Preise weiter fallen.

Holz ist ein natürliche­r CO2-Speicher, in einem Festmeter ist eine Tonne CO2 gebunden. Forstbetri­eben und privaten Besitzern eine Waldprämie zu zahlen und die Klimaschut­zleistunge­n der Wälder zu honorieren, findet Tim Ness sinnvoll. Das würde deren Abhängigke­it vom Holzeinsch­lag reduzieren. Vor allem würden so wieder Mittel frei – für den Umbau und damit für den Erhalt der Wälder.

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Fotos: nd/Ulli Winkler Setzt auf Waldumbau, ist aber auch »Kiefernver­steher«: Tim Ness, Leiter der Landeswald­oberförste­rei Hammer

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