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Rückfall im Revier

Dortmund verliert daheim mit 1:2 gegen Köln und rutscht auf Platz vier ab

- DANIEL THEWELEIT, DORTMUND

Sie können es doch noch: Der 1. FC Köln gewinnt zum ersten Mal seit 18 Spielen und das ausgerechn­et bei Titelfavor­it Dortmund. Zwei nahezu identische Tore reichen Köln gegen einen ideenlosen BVB.

Markus Gisdol hatte einen festen Vorsatz gefasst für den Fall, dass das kleine Wunder tatsächlic­h Realität werden würde. Der Trainer des 1. FC Köln wollte sofort in die Kabine gehen, sollte sein Team bei Borussia Dortmund gewinnen, offenbar wollte er nach langen Wochen der Kritik Bilder des Triumphes vermeiden. Zuletzt war seine eigene Tauglichke­it immer lauter in Frage gestellt worden, aber als »die Schlacht«, von der er etwas später sprach, schließlic­h gewonnen war, vergaß er alle Vorsätze und Abstandsre­geln. Mit wild verzerrtem Gesicht bejubelte er den ersten Kölner Sieg in Dortmund seit 1991 und noch wichtiger: Mit diesem 2:1-Erfolg im Revier war die sagenhafte Serie von 18 nicht gewonnenen Bundesliga­spielen für seinen Klub zu Ende gegangen. Endlich!

Voller Pathos berichtete Gisdol also von der »aufopferun­gsvollen Arbeit«, die in seinem Klub geleistet werde. Er sei Teil eines »verschwore­nen Haufens«, endlich sei klar, »dass wir trotz dieses Drecksviru­s’ nicht verflucht sind, sondern Spiele gewinnen können«, sprudelte es aus ihm heraus. Sie haben den Reset-Knopf gefunden und hoffen nun, endlich in dieser besonderen Bundesliga­saison angekommen zu sein. »Das muss jetzt die Richtung für die nächsten Wochen sein«, sagte Timo Horn, nachdem Ellyes Skhiri zwei Mal auf beinahe identische Art und Weise nach

Eckbällen getroffen hatte. »Wie sich die Jungs heute reingehang­en haben gegen einen eigentlich übermächti­gen Gegner, war sensatione­ll«, erklärte der Torhüter. Der Verteidige­r Sava Cestic hatte zum erstem Mal in der Bundesliga gespielt und Erling Haaland gut im Griff gehabt. Und nicht zuletzt hatten die Kölner Glück, dass der BVB einen dieser finsteren Tage erwischt hatte, die irgendwie fester Bestandtei­l dieser wechselhaf­ten Dortmunder Jahre unter Trainer Lucien Favre sind.

»Solche Nachmittag­e gibt es«, sagte Favre voller Fatalismus. Er hatte es vorhergese­hen, hatte Warnungen ausgesproc­hen, war aber nicht gehört worden von seiner Mannschaft, die zuletzt so stabil gewirkt hatte. Das Muster dieser Niederlage ist ihnen gut bekannt: Der Gegner war gut organisier­t, lief viel, stand tief, und die an guten Tagen als Zauberei gefeierten Fähigkeite­n der Individual­isten in schwarzgel­b blieben blass. Also formuliert­e Favre wieder einmal Sätze, die beinahe wortgleich auch nach der Partie beim FC Augsburg so gefallen waren. Oder nach den Niederlage­n bei Union Berlin oder in Mainz in der vergangene­n Saison: »Wir haben ein wenig unsere Geduld verloren«, sagte der Schweizer. »Wir haben manchmal überhastet gespielt. Und wir sollten auch mit mehr Tempo spielen, ich spreche von Pässen.«

Diese Rückfälle in einen rätselhaft­en Zustand der Energielos­igkeit gehören auch weiterhin fest zum Wesen dieser Mannschaft, wobei in der laufenden Saison zwei vielverspr­echende Lösungsans­ätze existieren. Die individuel­le Qualität in der Offensive, die grundsätzl­ich in der Lage ist, zähe Spiele durch besondere Einzelmome­nte in die gewünschte Richtung zu lenken. Und die Breite des Kaders. Doch an diesem Nachmittag blieben Jadon Sancho, Marco Reus, Julian Brandt und Erling Haaland allesamt harmlos.

Auch Favre selbst verfällt jedoch an diesen Leblostage­n des BVB oft ins gleiche Coaching-Muster und wartet erstaunlic­h lange mit seinen Auswechsel­ungen. Als frische Angreifer ins Spiel kamen, wurde der BVB sofort gefährlich­er. Thorgan Hazard, der zum 1:2 traf (74.) war nach einer Stunde gekommen, Youssoufa Moukoko und Giovanni Reyna nach 67 Minuten, was dem Team erkennbar gut tat. Aber das Aufbäumen kam zu spät, vielleicht auch, weil die Energien aus dem Publikum fehlten, die dem BVB sonst so oft zu Toren in den finalen Minuten verhelfen.

Nun ärgerten sich die Dortmunder über verschenkt­e Punkte, zumal die beiden Gegentore sich auf skurrile Art und Weise glichen. Ondrej Duda hatte jeweils eine Ecke von der linken Seite in den Strafraum geschlagen, Marius Wolf hatte beide Bälle am kurzen Pfosten mit dem Kopf verlängert, bevor Skhiri am hinteren Pfosten aus kurzer Distanz vollendete (9., 60.). Zuständig für die Absicherun­g des kurzen Pfostens war jeweils Dortmunds Mittelfeld­spieler Julian Brandt gewesen, der besonders schwach spielte in einer Mannschaft ohne Ideen.

Mit diesem 2:1-Erfolg im Revier ist die sagenhafte Serie von 18 nicht gewonnenen Bundesliga­spielen für Köln endlich zu Ende gegangen.

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Der Kölner Ellyes Skhiri (r.) stand bei zwei Ecken am langen Pfosten des Dortmunder Tores und durfte dort zweimal einnetzen.

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