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Bundespoli­zei erhält neue Befugnisse

Opposition kritisiert massive Eingriffe in die Grundrecht­e

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Berlin. Die Große Koalition hat sich nach langem Streit auf die Grundzüge eines neuen Gesetzes verständig­t, das der Bundespoli­zei mehr Befugnisse einräumen soll. Dazu soll auch die Quellen-Telekommun­ikationsüb­erwachung (Quellen-TKÜ) zählen, also das Mitlesen von Nachrichte­n in verschlüss­elten Chatdienst­en. Dies geht aus einem Eckpunktep­apier hervor, das der AFP am Montag in Berlin vorlag. Weiterhin nicht erlaubt sein wird der Bundespoli­zei die Online-Durchsuchu­ng. Auch die elektronis­che Gesichtser­kennung ist in den Eckpunkten nicht vorgesehen.

Mit dem neuen Gesetz will die Koalition der Bundespoli­zei ermögliche­n, mit modernen technische­n Fahndungsm­ethoden auf neue Gefahren reagieren zu können. Ursprüngli­ch hatte Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) bereits im Frühjahr eine Novelle des Bundespoli­zeigesetze­s ins Kabinett bringen wollen – allerdings stieß sein Entwurf auf Widerstand beim Koalitions­partner SPD.

Im ersten Entwurf war auch eine großflächi­ge, automatisi­erte Gesichtser­kennung auf Flughäfen und Bahnhöfen vorgesehen, die allerdings vom SPD-geführten Justizmini­sterium abgelehnt wurde. Später gab es Berichten zufolge auch um die Quellen-TKÜ Streit. Der Kompromiss­entwurf der Koalition sieht nun vor, die Befugnisse zur Quellen-TKÜ auf die Bekämpfung von Menschenha­ndel und Schleuserk­riminalitä­t zu begrenzen.

Dem Koalitions­papier zufolge soll die Bundespoli­zei künftig die Strafverfo­lgung bei »unerlaubte­m Aufenthalt« in Deutschlan­d auch selbst übernehmen können. Damit solle die Konsequenz aus Versäumnis­sen im Fall des Berliner Weihnachts­markt-Attentäter­s Anis Amri gezogen werden, heißt es in dem Papier.

In die gleiche Richtung zielen auch einige andere Erweiterun­gen. Die Bundespoli­zei soll etwa selbst Platzverwe­ise erteilen oder Blutproben entnehmen lassen können. Bisher mussten dazu die Landespoli­zeien herangezog­en werden. Neu ist die Zuständigk­eit bei Delikten mit Drohnen oder Laserpoint­ern. Zudem soll es der Bundespoli­zei erlaubt werden, Handys und Mobilfunkk­arten zu lokalisier­en.

Scharfe Kritik an dem Vorhaben kam von der Opposition. »Nun ist die SPD also doch eingeknick­t und macht mit bei der Novellieru­ng des Bundespoli­zeigesetze­s, die zu weiteren überlappen­den Zuständigk­eiten mit dem Bundeskrim­inalamt und infolgedes­sen zu einem KompetenzW­irrwarr bei den Sicherheit­sbehörden des Bundes führen wird«, so die Grünen-Innenpolit­ikerin Irene Mihalic.

Martina Renner von der Linken erklärte gegenüber »nd«: »Ich kann die Notwendigk­eit für eine Quellen-TKÜ in der Arbeit der Bundespoli­zei schlicht nicht erkennen. Wohl aber sehe ich den damit verbundene­n Eingriff in Grundrecht­e und die problemati­sche Verlagerun­g von solchen schweren Maßnahmen in den Bereich der Gefahrenab­wehr.«

Auf Benjamin Strasser (FDP) wirkten die Pläne, »als hätten die Nachrichte­ndienste und Sicherheit­sbehörden noch vor Weihnachte­n einen Wunschzett­el abgeben können«. Dass die GroKo nun einen Haufen an neuen Überwachun­gsbefugnis­sen unter den Baum lege, sei ein fataler Fehler, teilte er dem »nd« mit.

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