Grüne Weltsicht
Uwe Kalbe über eine außenpolitisch ambitionierte Parteivorsitzende
Annalena Baerbock ist eine waschechte Grüne: Die große Geste ist ihr in Fleisch und Blut übergegangen. Erst will sie die strategischen Fragen klären, um dann zu gucken, was das für die Rüstungsausgaben bedeuten könnte. Bravo! Es gilt ihr, die Welt zu retten, nicht nur ein paar grüne Seelen. Gleich danach allerdings schrumpft die ganze schöne Strategie auf übliche Normalgröße. Dass es immer irgendetwas mit Militär zu tun haben müsse, wenn die Welt gerettet werden soll. Außer beim Klima, vielleicht.
Eine Grüne wie Baerbock fragt schon gar nicht mehr, wieso der naheliegendste Schluss aus einer komplexen Weltlage die Erhöhung der Militärausgaben sein sollte. Längst hat sie verinnerlicht, was außenpolitische Machtpolitik predigt: Einfluss hat nur, wer diesen auch durchsetzen kann. Vergessen der Gründungskonsens der Grünen, dass hochgerüstete Armeen Ursache und Begleiter globaler Fehlentwicklungen sind, nicht ihr Ausweg. Und dass auch das Klima umso notleidender ist, je militärischer die außenpolitischen Lösungsversuche sind. Flink ist die Welt in Gut und Böse eingeteilt, wenn die Baerbocks ihre großen Linien mitten durch die multilaterale Welt ziehen. Demokratie hier, Autokratie dort, und bei den USA weiß man noch nicht so. Für ein Ministeramt könnte das zur Not schon reichen.