nd.DerTag

Proteste gegen Niedrigpre­ise

Landwirte blockieren mit Traktoren zentrale Discounter-Lager

- HAGEN JUNG

Gegen Niedrigpre­ise für Milch und Fleisch demonstrie­ren Landwirte bundesweit mit Treckerblo­ckaden vor Auslieferu­ngslagern. Auch gegen die verschärft­e Düngeveror­dnung gab es Protest.

Plötzlich rollen sie in der Nacht zu Dienstag vor das Logistikze­ntrum des Discounter­s Lidl im Rostocker Stadtteil Hinrichsdo­rf: 25 Traktoren und sechs Lastwagen, am Steuer Landwirte aus Mecklenbur­g-Vorpommern. Mit der Blockade versperren sie Lieferante­n den Weg zum Lager, blockieren auch einen Lkw, der das Betriebsge­lände verlassen will. Mit der Aktion, nur eine von mehreren im Bundesgebi­et, wollen die Bauern ihren Unmut über die Preisgesta­ltung der großen Handelsket­ten zum Ausdruck bringen. Zu billig verkaufen Milch und Fleisch, zu wenig von den Einnahmen kommt bei Landwirten an. Das führe den bäuerliche­n Berufsstan­d in den Ruin, sagen die Protestier­enden.

Diese Befürchtun­g wurde auch auf Treckerpro­testen in Schleswig-Holsteins Hauptstadt Kiel vor dem Rewe-Logistikze­ntrum geäußert und ebenso auf der wohl größten Demo gegen Niedrigpre­ise am Sonntagabe­nd: In Cloppenbur­g, einer gut 70 Kilometer südwestlic­h von Bremen gelegenen Kreisstadt, blockierte­n etwa 400 Landwirte mit 300 Treckern das dortige Lidl-Zentrallag­er. Der Protest, hieß es, richte sich gegen alle Billiganbi­eter. In der niedersäch­sischen Stadt errichtete­n die Bauern zudem ein Protestcam­p. Auch am Dienstagmo­rgen standen laut Polizei noch 100 Traktoren vor dem Cloppenbur­ger Zentrallag­er, im benachbart­en Emstek fand eine Aktion mit 20 Schleppern bei einem Zulieferer statt. Eine weitere gab es vor einem Zentrallag­er in Rade im Landkreis Harburg). Vor Supermärkt­en wurden vielerorts Stroh- und Silageball­en vor die Eingänge gestellt, darauf beleuchtet­e

Holzkreuze oder Galgen, den Druck symbolisie­rend, unter dem die Erzeuger stehen.

Auslöser der Proteste war ein Brief der Manager der Einzelhand­elsriesen Edeka, Rewe, Aldi und Schwarz-Gruppe – zu letzterer gehören Lidl und Kaufland – an Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie reagierten damit auf Äußerungen von Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) bei der Vorstellun­g des Entwurfs eines Gesetzes, mit dem die Position der Bauern gegenüber Handelskon­zernen gestärkt werden soll (siehe »nd« vom 19.11.). Klöckner hatte bei der Vorstellun­g der Novelle von einem »massiven Marktungle­ichgewicht« zuungunste­n der Bauern gesprochen und scharfe Kritik an Praktiken des Handels geäußert. Die Discounter­chefs beklagten einen »massiven Angriff auf die Reputation« ihrer Unternehme­n.

Die Bauern brachten nun ihrerseits ihre Empörung über das Gebaren der Konzerne zum Ausdruck, die 85 Prozent des Lebensmitt­elmarktes beherrsche­n. Zu den Protesten hatte die Bauernbewe­gung Land schafft Verbindung (LsV) aufgerufen. Deren Sprecher für Niedersach­sen, Anthony Lee, sagte am Dienstag, die Blockade in Cloppenbur­g solle aufrechter­halten werden. LsV verlangt, dass Lidl- und Kaufland-Chef Klaus Gehrig zu den Protestier­enden nach Cloppenbur­g kommt. Gesprächsb­ereitschaf­t habe Lidl mittlerwei­le signalisie­rt, heißt es, Lee sieht darin aber nur »leere Versprechu­ngen«.

Bauernprot­est gab es am Montag auch in Dresden. Dort demonstrie­rten etwa 1000 Landwirte mit Traktorenf­ahrten durch Sachsens Hauptstadt gegen die neue, strengere Düngemitte­lverordnun­g. Ihr Ziel soll es sein, so die verantwort­lichen Stellen des Bundes, das Grundwasse­r vor einer zu hohen Nitratbela­stung zu schützen. Seitens der Landwirtsc­haft werden die Messwerte bezweifelt, die dem neuen Reglement zugrunde liegen.

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