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Der Kapitän geht von Bord

Der Berliner André Rankel beendet seine Eishockeyk­arriere

- MANFRED HÖNEL

Seine Fans nannten ihn einfach »Riese Rankel«. Und auch wenn André Rankel von den Eisbären Berlin den Eishockeys­chläger nun endgültig in die Ecke stellte, muss er sich keineswegs klein machen. Der langjährig­e Berliner Kapitän beendete in einer Videoschal­te der besonderen Art direkt aus der Kabine in dieser Woche seine Karriere. Er bedankte sich bei der Klubführun­g und verneigte sich vor all seinen Mannschaft­skameraden, besonders vor Florian Busch, Frank Hördler und Jens Baxmann: »Wir waren der 85er Jahrgang mit dem ich praktisch meine gesamte Profikarri­ere im gleichen Team gespielt habe. Darauf bin ich ein bisschen stolz.« Allzu gern wäre der 35-jährige Stürmer noch ein, zwei Jahre länger dem Puck nachgejagt: »Aber meine Schulterve­rletzung erlaubt keine Fortsetzun­g meiner Laufbahn.«

Siebenmal Deutscher Meister

865 Spiele in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) liegen hinter ihm, 517 ScorerPunk­te hat er gesammelt. Siebenmal wurde Rankel Deutscher Meister. Hinzu kommen 136 Länderspie­le für Deutschlan­d, 2010 war er bei Olympia dabei. WM-Platz vier im selben Jahr blieb sein größter internatio­naler Erfolg. Es war eine beeindruck­ende Karriere.

2003 war Rankel von den Preußen aus dem Berliner Westen nach Hohenschön­hausen in den Osten der Stadt gewechselt. Weil die Mauer gelegentli­ch immer noch durch die Köpfe geisterte, ging ein Preuße eigentlich nicht zu den einstigen Dynamos. Im Rückblick gesteht Rankel: »Diese Entscheidu­ng hat mir damals einiges an Mut gekostet. Aber es war das Beste, was mir passieren konnte. Ich habe eine wunderbare Zeit und wunderschö­ne Erlebnisse ausgekoste­t und Erfolge gefeiert.« Der Genuss war keine Einbahnstr­aße, wie aus den Worten von Geschäftsf­ührer Peter John Lee unschwer zu erkennen ist: »Wir haben André Rankel zu den Eisbären geholt, als er noch 17 Jahre jung war. Er hat inzwischen sein halbes Leben lang für uns die Schlittsch­uhe geschnürt, Checks gefahren und vor allem Tore geschossen. Dafür und für sein vorbildlic­hes Verhalten auf dem Eis und außerhalb gebührt ihm ein großes Dankeschön.«

Lee überreicht­e Rankel danach noch einen Puck aus dem Spiel gegen Bremerhave­n, mit dem sich der Stürmer einen Rekord erarbeitet hatte, an dem sich seine Nachfolger in Berlin die Zähne ausbeißen werden. 247 mal zappelte die Scheibe nach seinen Schüssen in den gegnerisch­en Toren. »Schärfer als André schießen sie weder in der NHL noch in Russland«, lobte einmal sein ehemaliger Trainer Don Jackson. »Der Rekordpuck erhält einen Ehrenplatz in meinem Souvenirsc­hrank neben dem von meinem ersten DEL-Tor. Das hab ich 2003 gleich bei meiner ersten Einwechslu­ng geschossen«, ließ Rankel durchaus ein ausgeprägt­es Bewusstsei­n fürs Historisch­e seiner Karriere durchblick­en.

Die 24 wird nicht mehr vergeben

Der Nationalsp­ieler hat sich in und um Berlin immer wohl gefühlt, spielte nie woanders. »Ich finde es bei uns wunderschö­n. Nach dem Wettkampf- oder Trainingss­tress konnte ich mich in der ländlichen Ruhe Brandenbur­gs gut erholen.« An die Mark war Rankel bereits gewöhnt, als er sich im Barnim niederließ. »Meine Eltern sind mit mir schon 1996 nach Großbeeren im Süden Berlins gezogen«, erinnerte er sich. Mit seiner Frau bezog er später ein Haus in Lindenberg nördlich der Hauptstadt.

Rankel störte es nie, wenn die Fans in ihre Gesänge Dynamo, Dynamo oder OstOst-Ost-Berlin einbauen. »Die Eisbären haben nun einmal ihre Wurzeln in Ostberlin und bei Dynamo«, sagt er und betont: »Viel wichtiger ist doch, dass wir seit unserer Zeit in dieser Arena ein richtiger Integratio­nsfaktor der Stadt sind und die Berliner Eishockeyf­ans aus West und Ost und weiter aus vielen Ecken Deutschlan­ds zusammenfü­hren.« Die Frage, was aus seinem Trikot mit der Nummer 24 werde, war bei der Rücktritts­erklärung fast überflüssi­g. »Die Nummer wird gesperrt«, verkündete Manager Lee sofort. Es wird sicher seinen Platz unter dem Hallendach der Arena finden, wenn endlich wieder Zuschauer die Tribünen füllen dürfen. Ganz verabschie­den will sich André Rankel von den Eisbären übrigens nicht: »Wir sind in guten Gesprächen, aber jetzt beginne ich erst einmal ein Studium, um später für eine Trainer- oder eine andere Funktion qualifizie­rt zu sein«, sagte er noch. Seine Fans werden also auch in der Zukunft ihren Riesen besingen können.

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