nd.DerTag

Kurze Verschnauf­pause

Im Streit um den Rundfunkbe­itrag geben sich die Koalitionä­re in Sachsen-Anhalt mehr Zeit für eine Lösung

- MAX ZEISING

In der mit Spannung erwarteten Sitzung des Medienauss­chusses blieb am Mittwoch eine Eskalation des Koalitions­streits um den Rundfunkst­aatsvertra­g aus. Einer Lösung des Konflikts ist man damit in Magdeburg aber noch nicht näher gekommen.

Am Ende eines langen Tages traten sie noch einmal vor die seit Stunden vor der Magdeburge­r Staatskanz­lei wartende Presse: die Landespart­eichefs Holger Stahlknech­t (CDU), Andreas Schmidt (SPD) und Sebastian Striegel (Grüne). Viel sagen konnten sie nicht am Dienstag kurz vor Mitternach­t, außer: dass sie nichts sagen können. Den ganzen Tag über hatten sie in der Staatskanz­lei über eine Lösung des Koalitions­streits um die Erhöhung des Rundfunkbe­itrags verhandelt – ohne Ergebnis. Und am Ende auch ohne Nervennahr­ung: »Der Kaffee ist alle, das Knabberzeu­g auch«, twitterte Olaf Meister von den Grünen.

Umso kürzer fiel überrasche­nderweise der Mittwoch aus. Die mit Spannung erwartete Sitzung des Medienauss­chusses wurde vorzeitig unterbroch­en und soll in einer Woche, am 9. Dezember, wieder aufgenomme­n werden. Noch am Dienstag wollte die CDU den Ausschuss auf Biegen und Brechen durchziehe­n und einen höchst umstritten­en Antrag zur Abstimmung stellen, der den Streit um den Rundfunkst­aatsvertra­g und die damit verbundene Beitragser­höhung um 86 Cent auf eine neue Eskalation­sstufe gehoben hätte: Die Landesregi­erung sollte den Vertrag zurückzieh­en und neu verhandeln.

Nun ist der große Knall erst einmal ausgeblieb­en. Und doch weht durch Magdeburg weiter ein frostiges Lüftchen, auch wenn sich die Koalitionä­re um vorsichtig­en Optimismus bemüht zeigen. Vor dem Medienauss­chuss hatte SPD-Fraktionsc­hefin Katja Pähle um Zeit geworben: »Kenia tastet sich langsam voran. Heute Morgen geht es erst mal um einen einvernehm­lichen Weg für ein Verfahren, um die Sitzung des Medienauss­chusses gemeinsam zu bestreiten«, schrieb Pähle auf Twitter. Entspreche­nd erleichter­t reagierte Grünen-Fraktionsc­hefin Cornelia Lüddemann auf die Entscheidu­ng, den Ausschuss zu unterbrech­en. Nun sei Zeit für weitere Gespräche, twitterte die Spitzenkan­didatin für die Landtagswa­hl im kommenden Jahr. Auch Linke-Landeschef Stefan Gebhardt nahm die Koalitionä­re gegenüber »nd« in die Verantwort­ung: »Es geht hier um die Zukunft des öffentlich­rechtliche­n Rundfunks und damit um ein wesentlich­es Merkmal unserer Demokratie. Aus diesem Grund muss man die Zeit, die man hat, bis zum Schluss nutzen.«

Fraglich ist, ob sich die festgefahr­ene Situation in Sachsen-Anhalt bis zur endgültige­n Entscheidu­ng im Landtag am 15. Dezember irgendwie auflösen lässt. Die Standpunkt­e scheinen auch nach der unterbroch­enen Sitzung des Medienauss­chusses klar: Die CDU will keine Erhöhung des Rundfunkbe­itrages, SPD und Grüne wollen den Rundfunkst­aatsvertra­g nicht gefährden. Mehrere Vorschläge zur Lösung des Konflikts stehen im Raum. Einer davon: Der Landtag könnte mit dem Zustimmung­sgesetz zugleich einen Entschließ­ungsantrag mit medienpoli­tischen Zielen – etwa einer stärkere Berücksich­tigung Ostdeutsch­lands – verabschie­den. Problem: Die CDU müsste der Erhöhung zustimmen.

Ein anderer Vorschlag lautet wie folgt: Der Landtag beschließt den Staatsvert­rag und verabschie­det parallel einen Antrag, der Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) dazu auffordert, gegenüber der Kommission zur Ermittlung des Finanzbeda­rfs der Rundfunkan­stalten (KEF) zu erwirken, dass ihr nächster Bericht in zwei Jahren eine Beitragsre­levanz erhält. Eine solche Idee brachte Stefan Gebhardt gegenüber »nd« ins Spiel. Auch Dorothea Frederking, medienpoli­tische Sprecherin der bündnisgrü­nen Landtagsfr­aktion, hält den Zwischenbe­richt für geeignet, um die finanziell­en Auswirkung­en der Corona-Pandemie bei einer Neufestset­zung des Beitrages zu berücksich­tigen. Diese Neufestset­zung käme dann zwei Jahre eher als im üblichen Prozedere.

Und in der Tat, diese Idee könnte auch für die CDU interessan­t sein. Denn es waren die Konservati­ven, die Corona als Grund für eine Neuberechn­ung ins Spiel gebracht hatten. Ob sie nun den Vorschlag annehmen oder weiter auf ihrer Linie beharren, bleibt jedoch offen. Es soll Teile der Fraktion geben, die bereits eine Zeit nach Haseloff diskutiere­n. Klar ist aber auch, dass sich die CDU mit einem Scheitern von »Kenia« wohl selbst keinen Gefallen tun würde. Schon jetzt melden sich erste Spitzenfun­ktionäre, die eine gemeinsame Abstimmung mit der AfD nicht mittragen wollen. Nach Informatio­nen der Magdeburge­r »Volksstimm­e« droht CDU-Schatzmeis­ter Karl Gerhold im Falle eines gemeinsame­n Votums mit Rücktritt.

 ??  ?? Der Medienauss­chuss steht im Fokus der Öffentlich­keit: CDU-Parlaments­geschäftsf­ührer Markus Kurze gibt nach der Sitzung Interviews.
Der Medienauss­chuss steht im Fokus der Öffentlich­keit: CDU-Parlaments­geschäftsf­ührer Markus Kurze gibt nach der Sitzung Interviews.

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