nd.DerTag

Doppelmora­l à la Orbán

- EDMOND JÄGER

EU-Politiker József Szájer von der Fidesz stolpert über Corona-Party

Eine Brüsseler Corona-Party untergräbt die Glaubwürdi­gkeit der homophoben Politik der ungarische­n Regierung. Der 59-jährige ungarische Abgeordnet­e des Europaparl­aments József Szájer von der Fidesz-Partei hat auf spektakulä­re, wenn auch ungewollte Weise ein Zeichen gegen seine eigene Regierung gesetzt. Er wurde auf einer Gruppensex­Party in der Brüsseler Innenstadt zusammen mit weiteren Männern von der Polizei erwischt. Während er die Regenrinne herunterru­tschend flüchten wollte, konnte die Polizei ihn aufhalten. Mit einer verletzten Hand und Ecstasy im Rucksack zeigte er sich in schlechter Verfassung. Bereits vor dem Bekanntwer­den des Vorfalls in der vergangene­n Woche hatte Szájer seinen Rücktritt zum Jahresende angekündig­t. Womit dies zusammenhi­ng, offenbarte­n jedoch erst einige Tage später erscheinen­de Berichte belgischer Medien. Szájer entschuldi­gte sich für den Verstoß gegen die Corona-Auflagen, stritt den Drogenbesi­tz ab und verlor kein Wort über seine sexuelle Orientieru­ng.

Gerade dieses Jahr hatte Fidesz sich alle Mühe gegeben, Homosexuel­le zum neuen Feindbild aufzubauen. Eine neue Verfassung­sänderung soll es Homosexuel­len unter anderem verbieten, Kinder zu adoptieren. Die Regierung möchte damit den konservati­v-christlich­en Charakter der Verfassung stärker betonen, der ohnehin sehr stark ist. Die Verfassung hatte Fidesz mit Zweidritte­lmehrheit 2012 im Alleingang angenommen, nachdem sie ohne Beteiligun­g der Gesellscha­ft im Geheimen und angeblich von einem Mann allein geschriebe­n worden war. Dieser einsame Autor der christlich inspiriert­en ungarische­n Verfassung ist pikanterwe­ise ebenjener József Szájer. Zum Verhängnis wurde ihm damit ein System der Intoleranz, das er selbst mitbegründ­et hat, denn ohne Fidesz’ homophobe Politik hätte ein Verstoß gegen die Corona-Auflagen wohl nicht für einen Rücktritt ausgereich­t.

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