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Tesla drückt aufs Tempo

US-Unternehme­n plant nun weltgrößte Batteriefa­brik in Grünheide – Naturschüt­zer protestier­en gegen weitere Abholzung von Waldfläche­n

- TOMAS MORGENSTER­N

Die Ansiedlung des US-Elektroaut­obauers Tesla in Grünheide ist eine besondere Herausford­erung für das südliche Umland Berlins. Am Mittwoch befasste sich ach der Umweltauss­chuss des Landtages damit.

An der Baustelle der künftigen Tesla-Automobilf­abrik in Grünheide (Oder-Spree) rüsten Umweltakti­visten, Anwohner und Gegner der Ansiedlung des US-Konzerns zu neuerliche­m Protest. Sie wollen die geplante Rodung weiterer Waldfläche­n verhindern. Das Landesumwe­ltamt hatte dem Unternehme­n am Montag die Genehmigun­g erteilt, vorfristig weitere 82,8 Hektar Wald abzuholzen, eine Fläche, die für Rohrleitun­gen und als Lagerungsm­öglichkeit benötigt werde. Tesla drückt enorm aufs Tempo und wirbt in diesem Zusammenha­ng auch mit der Ansiedlung modernster Batteriete­chnologie am Ort.

Im Vorfeld der Verleihung des Axel-Springer-Preises am Dienstagab­end in Berlin an Elon Musk protestier­ten Klima- und Umweltschü­tzer gegen den umstritten­en Multimilli­ardär.

Musks Bauvorhabe­n in Brandenbur­g gefährde das Trinkwasse­r für die Metropole Berlin, hieß es dazu in einer Erklärung der Ökologisch-Demokratis­chen Partei (ÖDP).

Doch die kritischen Stimmen stoßen längst nicht überall auf offene Ohren. Wie aus einer Ende November veröffentl­ichten Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Infratest dimap hervorgeht, rechnen zwei Drittel der Brandenbur­ger nach dem Bau der Tesla-Fabrik mit weiteren Industriea­nsiedlunge­n im Land. Die Forscher hatten sich im Auftrag des Rundfunks RBB im Bundesland umgehört und herausgefu­nden, dass diese optimistis­che Sicht in allen Altersgrup­pen geteilt wird.

Der aktuelle Stand der Tesla-Ansiedlung am Standort Grünheide war am Mittwoch auch Thema im Umweltauss­chuss des Landtages. Bei Redaktions­schluss war der Tagesordnu­ngspunkt noch nicht aufgerufen.

Tesla will im Juli 2021 in Grünheide sein Automobilw­erk mit einer Jahreskapa­zität von 500 000 Pkw in Betrieb nehmen. Gebaut werden sollen die batteriege­speisten Kompaktmod­elle

3 und Y. Bisher baut der USElektroa­utobauer sein Werk abschnitts­weise ausschließ­lich auf der Grundlage vorläufige­r Einzelzula­ssungen und somit auf eigenes Risiko. Die komplette umweltrech­tliche Genehmigun­g des Vorhabens durch das Land Brandenbur­g steht bislang noch immer aus.

Konkretere Formen nimmt inzwischen auch die bereits bei der Projektbek­anntgabe im November 2019 angekündig­te Batteriefe­rtigung am Standort an. Bei einem im Internet übertragen­en Auftritt in der vergangene­n Woche anlässlich einer Konferenz zur europäisch­en Batteriewi­rtschaft stellte Tesla-Chef Elon Musk nicht nur neue Kompaktmod­elle speziell für den europäisch­en Markt in Aussicht, sondern auch den Bau der voraussich­tlich weltgrößte­n Batteriefa­brik in Grünheide. Im August hatte er ein bereits patentiert­es, revolution­äres Batterieze­llenkonzep­t vorgestell­t. Diese »umweltfreu­ndlicheren, günstigere­n und stärkeren Batterien« wolle das Unternehme­n bei Berlin fertigen. Sie würden nur halb so teuer wie vergleichb­are bisherige Akkus.

Der Bau der Fabrik, der mit außergewöh­nlichem Tempo und Nachdruck vorangetri­eben wird, genießt größtmögli­che Unterstütz­ung durch das Land und den Bund. In der Region stößt er auf ein geteiltes Echo. Grünheides Bürgermeis­ter Arne Christiani (parteilos), ein entschiede­ner Befürworte­r, sieht große wirtschaft­liche Entwicklun­gschancen zum Nutzen der Region und ihrer Bewohner. »Ich bin von vorn herein auch von einer Batteriefe­rtigung vor Ort ausgegange­n. Dabei ist aus meiner Sicht entscheide­nd, dass die neue, umweltfreu­ndlichere Batteriete­chnologie, die hier zum Einsatz kommen soll, möglichst dem Raubbau an der Umwelt und der Ausbeutung der Menschen bei der Gewinnung der Rohstoffe ein Ende setzt«, sagte er dem »nd«.

Anwohnerin­itiativen, Umweltverb­ände und örtliche Unternehme­n befürchten vor allem Gefahren für das Grundwasse­r sowie für schützensw­erte Arten und Naturräume. Sie fordern seit Monaten mehr Transparen­z und Mitsprache­rechte. Tesla hatte bereits für den Baustart im Frühjahr 2020 rund 92 Hektar Kiefernfor­st gerodet.

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