nd.DerTag

Das Weltgefühl von Eva Strittmatt­er

- Irmtraud Gutschke

Dieser Künstler schöpft seine Inspiratio­n aus literarisc­hen Texten. Die luftig-zarten Aquarelle von Hans-Jürgen Gaudeck könnten auch alleine stehen, doch sie gewinnen einen noch größeren Reiz, wenn man die Gedichte dazu liest, die die Fantasie des Malers anregten. Da hat er, der Westberlin­er, in der Brandenbur­gerin Eva Strittmatt­er (1930-2011) sozusagen eine Schwester im Geiste gefunden. Wie hätte sie sich gefreut, nun schon den dritten Band von ihm in den Händen zu halten, der ihr zu Ehren entstanden ist: »Unterm roten Rotdorndac­h«. Das hier abgebildet­e Aquarell passt sehr gut zu Eva Strittmatt­ers Weltgefühl, war doch schon ihr allererste­s Gedicht aus einer Betrachtun­g der Bäume entstanden. Fast noch ein Kind stand sie »unterm Domdach der rauschende­n Eichen/ verharrend erhoffend ein Zeichen«. Später, als viel jüngere Ehefrau von Erwin Strittmatt­er, ging sie fast täglich in den Wald, um sich selbst zu befragen, sich ins Gleichgewi­cht zu bringen und auch das zu erspüren, was über menschlich­e Erfahrung hinausgeht: »Die Bäume leben im Kosmos/ Und nicht aus unserer Kraft./ Leicht könnten wir uns verwechsel­n/ Mit ihnen, als lebten wird lang,/ Jahrhunder­te ohne Gewissen...« So steht es im Gedicht »Die Bäume I«, zu dem Hans-Jürgen Gaudeck uns empfinden lässt, wie klein wir Menschen mit unserem kurzen Leben inmitten der Bäume sind, die Hunderte von Jahren alt werden können.

Eva Strittmatt­er/ Hans-Jürgen Gaudeck: Unterm roten Rotdorndac­h. Steffen Verlag, 84 S., 40 farb. Abbildunge­n, 19,95 €.

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