Linker Wandel fürs Rheinische Revier
Wie der Kohleausstieg in NRW gelingen kann, zeigte eine Studie
Vieles ist unklar im Rheinischen Braunkohlerevier. Manches, wie die Zukunft der Dörfer am Tagebaurand, ist sogar umkämpft. Klar ist allerdings, irgendwann zwischen 2025 und 2038 wird der letzte Brocken Kohle aus den drei Gruben im Revier gefördert sein. Die vier Kohlekraftwerke werden vom Netz gehen. Deswegen stellt sich jetzt die Frage, wie es im Revier weitergehen soll. Was soll mit den riesigen Flächen passieren, die dem Energieriesen RWE gehören? Wo sollen die derzeit 9000 Menschen, die derzeit von der Braunkohle leben, nach dem Ende der Kohle arbeiten? Wie kann sich eine Region verändern, die über Jahrzehnte von der Kohleförderung geprägt war?
Das sind Fragen, die die Autoren der soeben erschienenen Studie »Kohleausstieg und Strukturwandel – für eine sozialökologische Transformation im Rheinischen Revier« der Rosa-Luxemburg-Stiftung auch stellen. Dabei stellen sie fest: Der Prozess des Strukturwandels müsse »Vom Kopf auf die Füße« gestellt werden. Die Zukunftsagentur Rheinisches Revier, die den Prozess vorrangig organisiert, sei falsch aufgestellt. Die lokale Politik habe dort zu wenig zu sagen, es dominierten landespolitische Interessen und Unternehmen. Auch würden die Zivilgesellschaft und Bewohner des Rheinlands nicht ausreichend eingebunden. Dadurch entstehe eine Sicht auf Strukturwandel, die nur zu einer »ökologischen Modernisierung« führe. Ein weiteres Problem ist der Studie zufolge, dass der Konzern RWE, der sich jetzt grün inszeniert, beim Strukturwandel eine wichtige Rolle einnehmen möchte.
Insgesamt hinterfrage der bestehende Strukturwandelansatz »grundlegende Verhältnisse« nicht und stehe einer »tatsächlichen sozialökologischen Transformation« entgegen, so das Fazit der Studienautoren. Wie diese aussehen könnte, versuchen die Autoren zu beschreiben. Dabei ist ihnen wichtig, dass sie auf »konkrete machbare Verbesserungen« setzen, die als Einstiegsprojekte funktionieren und Perspektiven für eine »größere Transformation« eröffnen sollen.
Eine Grundlage dafür sei der Kampf für einen schnellen Kohleausstieg und den Erhalt der bedrohten Dörfer, heißt es in dem Papier. Eine Enteignung von RWE sei wünschenswert, bedürfe aber eines langen Atems, guter politischer Kampagnenarbeit und Durchsetzungskraft. Für die Zukunftsagentur Rheinisches Revier wird eine demokratischere Struktur gefordert. Bei der Wirtschaftsförderung sollten vorrangig Unternehmen gefördert werden, die dem Gemeinwohl dienen. Gleiches gilt für die Landwirtschaft. Das Rheinische Revier könne auf regionale Kreislaufwirtschaft setzen. Die Energiegewinnung solle zurück in die Hände der Kommunen. Diese könnten mit grünem Strom Geld verdienen, das den Bürgern zugutekommt.
Andere Forderungen wie die nach vernetzter ökologischer Mobilität und der Anerkennung von Care-Berufen werden außerdem gestellt, wirken aber ein wenig wie linke Allgemeinplätze. Besser zum Rheinischen Revier passt, was die Studie als Ausblick festhält: Um eine Chance zu haben, den Strukturwandel mitzugestalten, müssen sich Linke dem Thema viel stärker zuwenden. Eine Bündelung der Kräfte von Parteilinken, der Klimagerechtigkeitsbewegung und aufgeschlossenen Gewerkschaftern wird dabei notwendig sein.