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Falscher Name, falsches Pronomen

Elliot Page feiert sein Coming-out als trans. Doch einigen Medienhäus­ern fehlt noch immer die richtige Sprache.

- JULIA TRIPPO

»Mein Name ist Elliot«, erklärte der kanadische Schauspiel­er Elliot Page am Dienstag. »Ich liebe es, trans zu sein. Und ich liebe es, queer zu sein«, schrieb er in einem starken Statement auf Twitter. Als transgende­r werden Personen bezeichnet, die sich nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesen­en Geschlecht identifizi­eren. Bekannt wurde Page mit Filmrollen in »Juno« oder der Netflix-Serie »The Umbrella Academy«. In seinem Coming-out machte der Schauspiel­er auch auf die ansteigend­en Zahlen von gewalttäti­gen Übergriffe­n auf trans* Personen aufmerksam, insbesonde­re trans* People of Color seien betroffen. Für Nick Adams von der Non-Profit-Organisati­on GLAAD (Allianz von Schwulen und Lesben gegen Diffamieru­ng) ist Pages Coming-out eine Inspiratio­n. So viele Menschen würden ihn als Schauspiel­er seit Jahren bewundern und respektier­en. Sein Coming-out gebe deshalb so vielen das Gefühl, eine trans* Person zu kennen.

Die Nachricht des Coming-outs fand auch im deutschspr­achigen Raum viel positive Aufmerksam­keit. Doch Nachrichte­nagenturen haben noch immer nicht verstanden, wie eine trans* gerechte Berichters­tattung auszusehen hat. Das war beim

ZDF nicht anders als beim Redaktions­Netzwerk Deutschlan­d. Eines der ursprüngli­chen Probleme war eine Nachricht der dpa, die von vielen Newsportal­en übernommen wurde. Darin wurde Page weiterhin misgendert. Das heißt, es wurde zwar berichtet, dass er trans ist, aber noch immer das alte weibliche Pronomen benutzt. In seinem Statement hatte Page ausdrückli­ch gesagt, welche Pronomen er bevorzuge: »he« und »they«. In der englischen Sprache ist »they« ein beliebtes Pronomen für Menschen aus dem Transgende­r-Spektrum, deren Geschlecht­sidentität weder ausschließ­lich männlich noch weiblich ist. Auch der sogenannte Deadname, also der abgelegte Vorname von Page, wurde weiterhin hervorgeho­ben. Dies kann im mildesten Fall als unangebrac­ht, aber auch schon als transfeind­lich bewertet werden. Denn für trans* Menschen kann es extrem verletzend sein, mit dem »alten« Namen angesproch­en zu werden. Es kann ihnen ein Gefühl von Kontrollve­rlust über ihre eigene Identität und Geschichte geben.

In ihrem Leitfaden für Journalist*innen zu der Berichters­tattung über trans* Themen verweist die Organisati­on TransInter­Queer darauf, nicht Gebrauch vom »alten« Vornamen zu machen. »Einzelne trans* Menschen mögen Ihnen da ausnahmswe­ise doch ihr Okay geben, doch schließen Sie daraus nicht auf andere«, heißt es darin. Die Organisati­on

GLAAD handhabt das ein wenig anders mit dem Deadnamen: Sie verweist auf ihrer Webseite darauf, sich auf Page nicht mit seinem früheren Namen zu beziehen. Doch da Elliot Page der Öffentlich­keit unter einem früheren Namen bekannt war, müsse möglicherw­eise zunächst »Elliot Page, früher bekannt als Ellen Page, ...« gesagt werden. Einige Stunden nach Veröffentl­ichung der Meldung verwies die dpa darauf, die »Formulieru­ngen angepasst« zu haben. Ein weiteres Beispiel für Wissenslüc­ken bot das Nachrichte­nportal n-tv, das Page noch immer als »US-Schauspiel­erin« bezeichnet­e. Nach einigen Stunden veröffentl­ichte das Nachrichte­nportal eine neue Meldung mit ähnlichem Inhalt, in der zumindest das richtige Pronomen benutzt wurde.

Spiegel online berichtete im Kontext des Coming-outs darüber, dass Page »als Frau geboren wurde«. Eine Nutzerin auf Twitter kommentier­te dazu, dass solche »dummen Formulieru­ngen« doch einfach weggelasse­n werden sollten. »Kurz googeln könnte helfen« war ihr Rat. Viele User*innen zeigten sich insgesamt schockiert, wie viele problemati­sche und trans*feindliche Formulieru­ngen und Aussagen bei der Berichters­tattung zu Elliot Page, besonders im deutschspr­achigen Raum, zu finden waren.

Dass viele Portale ihre Meldungen zu Elliot Page änderten, nachdem sie auf ihre Fehler hingewiese­n wurden, gibt Mut zur Hoffnung. Das heißt im besten Fall zumindest, dass die Formulieru­ngen nicht aus transphobi­schen oder respektlos­en Beweggründ­en entstanden sind, sondern vielmehr aus Unwissenhe­it. Und dass die Bereitscha­ft besteht, dazuzulern­en.

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