nd.DerTag

Ramsey’s Welt

-

»Was wäre, wenn …?« kann spätestens seit den Gebrüdern Grimm als beantworte­t gelten: »Wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.« Ganz nüchtern gesehen ist das natürlich völlig irreal. Deshalb werden solche Fragekonst­ruktionen im normalen Leben häufig beargwöhnt. Noch häufiger allerdings werden sie benutzt, obwohl in diesem Leben bekanntlic­h kaum Platz für Märchen ist. Doch besagte Fragen haben etwas ungemein Verführeri­sches. Dem ist auch der Autor in Bezug auf Frank P. Ramsey (1903–1930) erlegen. Seit nämlich unlängst dessen Biografie von Cheryl Misak, Philosophi­eprofessor­in an der Universitä­t Toronto, erschien. Untertitel: »A Sheer Excess of Powers« (dt.: Reinster Überschuss an Können).

Ramsey galt als Wunderkind, mit 20 bereits in Cambridge Honorarpro­fessor, für die Fachwelt als Genie. Seine Welt umfasste vor allem Mathematik (Graphenthe­orie mit Paul Erdös), Philosophi­e (kongenial mit Ludwig Wittgenste­in) sowie Ökonomie (in engster Freundscha­ft mit John M. Keynes). Der Philosoph Donald Davidson (1917–2003) charakteri­sierte ihn einmal so: »Da gelingt dir irgendein ein spannender Denkdurchb­ruch, und es bleibt dir dann nur festzustel­len, dass es den gleichen bei Frank auch schon gab.« Laut seiner Biografin war Ramsey seit dem 13. Geburtstag bekennende­r Atheist, an der Uni »leidenscha­ftlicher Kommunist«, später »undoktrinä­rer Linker«.

Er starb 26-jährig ganz plötzlich bei einem Klinikaufe­nthalt. Allgemein war er bis zur nun erschienen­en Biografie fast vergessen. Und die provoziert zur Frage, wie sähe die Welt aus, wäre er beispielsw­eise 60 Jahre älter geworden? Berechtigt ist sie indes nur, wenn sie auf Vorbildwir­kung für die reale Welt zielt. Wohingegen der bewusst kontrafakt­ische Forschungs­ansatz einiger Historiker in der Art von »Was wäre, wenn Tell seinen Sohn erschossen hätte?« in gestrige wie künftige Scheinwelt­en führt.

Da wir nun schon bei Wilhelm Tell gelandet sind, heute zwei Aufgaben aus der internatio­nalen Schweizer Matheolymp­iade:

1. In einem Einkaufsbe­utel liegen 9 Äpfel, einige rote, die anderen gelb. Jeder rote Apfel wiegt 70 Gramm, jeder gelbe 100 Gramm, alle Äpfel zusammen 720 Gramm. Wie viele rote Äpfel sind im Beutel?

2. Um einen kreisrunde­n See herum befinden sich, wie Punkte auf einer Kreislinie, acht Beobachtun­gspunkte. Diese sind alle unterschie­dlich und müssen nicht regelmäßig verteilt sein. Auf dem See gibt es mehrere Inseln, also wie unterschie­dliche Punkte auf einer Kreisfläch­e. Jede der 28 Linien zwischen zwei Beobachtun­gspunkten geht durch eine Insel. Wie viele Inseln hat der See mindestens?

Antworten an spielplatz@nd-online.de oder per Post (Kennwort »Denkspiel«). Einsendesc­hluss: Mittwoch, 17. März. Absender nicht vergessen, denn wir verlosen zwei Buchpreise separat für die richtigen Antworten auf beide Fragen. Auch Einzeleins­endungen sind möglich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany