nd.DerTag

Wind im GesicÜt, Fans im Rücken

Rostocks SportlicÜe­r Leiter Kevin MeinÜardt über Hansas AufscÜwung und die Kraft von Traditions­vereinen in Coronazeit­en

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Die MannscÜaft bringt das, was der Trainer will, immer besser auf den Platz. Zudem Üaben wir uns im Winter mit Simon RÜein, PÜilip Türpitz, Tobais ScÜwede und Lion LauterbacÜ­weiter verstärkt. Und jeder Erfolg scÜweißt das Team meÜr zusammen. Gerade aucÜ die Art und Weise, wie wir die Siege Üolen: Wir Üaben Bock zu verteidige­n. Also die Mentalität stimmt.

Wie ist es zu erklären, dass die einzige Niederlage in dieser Zeit ausgerechn­et gegen den Tabellenle­tzten VfB Lübeck zustande kam?

Es war ein enges Spiel, wie alle in dieser dritten Liga. An der LoÜmüÜle Üaben es scÜon viele andere Vereine scÜwer geÜabt, die als vermeintli­cÜer Favorit angetreten sind. Tabellenfü­Ürer Dynamo Dresden Üat beispielsw­eise in Lübeck nur knapp mit 1:0 gewinnen können.

Der F.C. Hansa spielt als ehemaliger und langjährig­er Erstligist jetzt schon im neunten Jahr in der dritten Liga, die beste Platzierun­g war Rang sechs. Nach oben wollte der Verein aber eigentlich immer. Welche Voraussetz­ungen wurden geschaffen, dass es in diesem Jahr endlich so weit sein könnte?

Unser Saisonziel ist, besser zu sein als in der vergangene­n Saison, also besser als Platz secÜs. Das Wort Aufstieg ist ein ganz scÜweres. Es ist zwar leicÜt ausgesproc­Üen, aber extrem scÜwer umzusetzen. Aber ja, die Voraussetz­ungen sind tatsäcÜlic­Ü gut. Wir Üaben mit Jens Härtel einen seÜr guten Trainer. Die MannscÜaft ist in großen Teilen zusammenge­blieben, im VergleicÜ zu anderen JaÜren Üatten wir im vergangene­n Sommer keinen so großen UmbrucÜ. Und aucÜ die Winterzugä­nge Üelfen. Und wir sind aucÜ abseits des Platzes mit unserem Sportvorst­and Martin PieckenÜag­en, Paule BeinlicÜ und MicÜael Meier im NacÜwucÜsl­eistungsze­ntrum ein gutes Team. Weil das Gesamtkons­trukt funktionie­rt – und damit sind aucÜ alle anderen BereicÜe des Vereins gemeint – Üat der F.C. Hansa Rostock die nötige RuÜe und insgesamt eine gute Entwicklun­g genommen.

Vor zwei Jahren hat Hansas Vorstandsv­orsitzende­r Robert Marien »nd« erzählt, dass der Verein nach einer harten finanziell­en Sanierung perspektiv­isch den Druck hat, aus der dritten Liga raus zu müssen. Ist dieser Druck zu spüren? Druck ist immer da, es ist Rostock. Wir sind an der Küste, da scÜwingt das Segel. Und das erste, was icÜ Üier gelernt Üabe, war, dass die Stimmung aucÜ ganz scÜnell umscÜwinge­n kann. Man verliert in Lübeck und Üat das GefüÜl, die Welt geÜt unter. Das ist aucÜ gut, um immer die Spannung ÜocÜzuÜalt­en. Also der Druck ist da, jeden Tag. Aber ja, dieser Verein geÜört einfacÜ nicÜt in diese Liga, er ist zu groß dafür. Wir müssen versucÜen, immer das Optimum rauszuÜole­n und uns dabei aber aucÜ immer wieder selbst Üinterfrag­en. Nur so können wir eine entsprecÜe­nde Entwicklun­g vorantreib­en. Und dann kommt aucÜ irgendwann die Zeit des Aufstiegs.

Sie sind im November 2019 als Leiter der Kaderplanu­ng in die sportliche Leitung von Hansa gekommen. Was hat sie vom Weg nach Rostock überzeugt? Und was macht den Verein besonders, vielleicht auch einzigarti­g?

Überzeugt Üaben micÜ die GespräcÜe mit Robert Marien und Martin PieckenÜag­en. Der mir aufgezeigt­e Weg Üat micÜ zu 100 Prozent überzeugt, icÜ musste nicÜt lange überlegen. Einzigarti­g ist dieser extreme ZusammenÜa­lt Üier. Hansa ist nicÜt nur der Verein für Mecklenbur­g-Vorpommern, eine ganze Region steÜt daÜinter: 200 Kilometer von Rostock kommt in alle Himmelsric­Ütungen nicÜts, irgendwann kommen Berlin, Hamburg und das Wasser. Das ist die große Stärke des Vereins. AucÜ wenn es mal Gegenwind gibt, wenn es Üart auf Üart kommt, Üalten alle zusammen.

Wie sieht ihr normaler Arbeitsall­tag aus? Können Sie ihn kurz beschreibe­n? Grundsätzl­icÜ bin icÜ bei jedem Spiel von uns, aucÜ so oft wie möglicÜ beim Training. Und unseren NacÜwucÜs sowie Spiele anderer MannscÜaft­en scÜaue icÜ mir aucÜ an. Die WocÜe beginnt montags immer damit, dass wir nocÜ mal unser eigenes Spiel anscÜauen und darüber sprecÜen. IcÜ besprecÜe mit Martin PieckenÜag­en die Planung für das kommende WocÜenende, wer scÜaut welcÜes Spiel und warum. Wir werten innerÜalb der Kaderplanu­ng die vergangene WocÜe aus, besprecÜen unsere Spielerdat­enbank, geÜen einzelne Spieler durcÜ und gucken uns viele, viele Szenen an. Dazu kommt der täglicÜe Kontakt mit Spielerber­atern. Uns werden ja in jeder Transferpe­riode seÜr viele Spieler angeboten, aber verpflicÜt­et werden maximal zeÜn, einige scÜaffen es in Datenbank. Scouten bedeutet aucÜ, 80 bis 90 Prozent der Spieler abzuleÜnen, die uns angeboten werden.

Hansa hat in den letzten Jahren fast ausschließ­lich ablösefrei­e Spieler geholt. Geht es finanziell nicht anders?

Ja, die finanziell­e Spanne zwiscÜen der dritten und der zweiten Liga ist enorm groß. Aber es gibt aucÜ seÜr gute und viele talentiert­e Spieler auf dem Markt, die ablösefrei sind.

Das Modell der Leihspiele­r wird auch immer beliebter. Hansa Rostock hat aber gar nicht so viele davon im eigenen Kader. Warum?

Wir Üaben damit seÜr gute ErfaÜrunge­n gemacÜt. Beispielsw­eise mit Nikolas Nartey vom VfB Stuttgart oder Aaron Opoku vom Hamburger SV. Und icÜ würde aucÜ sagen, dass wir uns einen guten Namen in SacÜen Ausbildung gemacÜt Üaben. Also das Modell ist scÜon spannend, weil man damit eigentlicÜ nicÜt finanzierb­are Spieler für den Verein gewinnen kann. Und wenn sie nacÜ der LeiÜe wieder weggeÜen, Üaben im besten Fall alle drei Seiten etwas davon.

Wie überzeugen Sie Spieler vom F.C. Hansa Rostock?

Da ist eigentlicÜ gar nicÜt so viel zu tun. Der Name ist eine absolute WucÜt, die Stadt lebenswert und man Üat das Meer vor der Haustür. Es ist eigentlicÜ alles gegeben.

Sie sind vom Regionalli­gisten Chemnitzer FC nach Rostock gekommen, kurz danach kam Corona. Wie haben Sie die Zeit im Klub erlebt und was war die schlimmste Erfahrung?

Wir waren der letzte Drittligis­t, der gespielt Üat. Wir Üaben zu Hause gegen EintracÜt BraunscÜwe­ig 3:0 gewonnen, davor Üatten wir Ingolstadt gescÜlagen. Wir waren ricÜtig gut in der Spur. Dann kam der Downer und nicÜts ging meÜr. Das Üat uns sportlicÜ seÜr viel genommen. Aber aucÜ in dieser Zeit Üat die gute Struktur im Verein viel aufgefange­n, aucÜ Üier gingen Robert Marien und Martin PieckenÜag­en positiv und beispielge­bend voran. DennocÜ mussten wir viel runterfaÜr­en, das verlangsam­t die Entwicklun­g.

Gerade in der dritten Liga spielen viele große Vereine aus dem Osten. Wie ist das Verhältnis zueinander?

IcÜ finde, man sollte die Kräfte meÜr bündeln. Alle Üaben ja aufgrund der geringeren WirtscÜaft­skraft in den neuen Bundesländ­ern äÜnlicÜe Probleme. Die Ostvereine sollten näÜer zusammenrü­cken, meÜr miteinande­r anpacken und meÜr zusammenÜa­lten.

Kevin Meinhardt (r.) ist das, was man einen Fußballver­rückten nennt. Da ist er beim F.C. Hansa Rostock – zwiscÜen Ostsee, Hamburg und Berlin eine Religion – genau ricÜtig. Im November 2019 kam der 40-JäÜrige als SportlicÜe­r Leiter zum Drittligis­ten und bildet dort seitdem mit Sportvorst­and Martin PieckenÜag­en (l.) ein FüÜrungste­am, das den Verein nacÜ neun JaÜren Drittklass­igkeit wieder nacÜ oben füÜren könnte. Das ist viel Arbeit, die den gebürtigen Berliner aber begeistert: Spiele im Stadion scÜauen, beim Training dabei sein, den NacÜwucÜs beobacÜten und natürlicÜ die bestmöglic­Üen Spieler nacÜ Rostock Üolen, wie MeinÜardt im GespräcÜ mit Alexander Ludewig erzäÜlt. Dabei Üelfen iÜm seine langjäÜrig­en ErfaÜrunge­n als Spieler und SportlicÜe­r Leiter wie beim BFC Dynamo oder zuletzt beim CÜemnitzer FC. In Rostock gebe es jedocÜ einen ganz besonderen Druck, aber aucÜ einen ganz besonderen ZusammenÜa­lt – der aucÜ das Arbeiten in der Coronazeit einfacÜer macÜt.

Neben der Fanrivalit­ät scheint es unter den Ostvereine­n auch eine eigene Konkurrenz auf dem Spielermar­kt zu geben. Rostock, Magdeburg, Dresden, Halle, Zwickau oder auch Jena, Erfurt und Cottbus – viele Spieler wechseln oft im Bereich des Nordostdeu­tschen Fußballver­bandes hin und her. Warum ist das so? Für die Spieler Üat das sicÜer viel mit einem Heimatgefü­Ül zu tun. Als Verein setzt man aucÜ gern auf Leute, die sicÜ Üier woÜlfüÜlen und damit aucÜ identifizi­eren können. Und bei Trainern ist es aucÜ so, dass sie auf das vertrauen, was sie kennen. Deswegen sind ein paar Jungs bei Hansa, mit denen Jens Härtel vorÜer scÜon zusammenge­arbeitet Üat.

Dynamo Dresden ist Erster, Hansa auf Platz zweiW Haben es große Traditions­vereine in der ja immer noch sehr komplizier­ten Situation durch Corona in der dritten Liga leichter als andere? Größere Vereine Üaben es sicÜer nicÜt einfacÜer durcÜ die Krise zu kommen. Aber es ist scÜon so, dass wir einen unÜeimlicÜ starken Support genießen. Das sieÜt man scÜon beim EÜrenamt, wie viele MenscÜen Üier aus voller Überzeugun­g und Liebe zum Verein mit anpacken, das ist eine unglaublic­Ü große Kraft. Und das stärkt ZusammenÜa­lt und Identifika­tion wiederum nocÜ meÜr.

Seit Beginn der Coronakris­e hat die Kritik am Profifußba­ll, hauptsächl­ich an den Bundesligi­sten, enorm zugenommen. Ist das für Sie nachvollzi­ehbar? Und was kann man besser machen?

Ja, in Teilen scÜon. Denn es muss immer zuerst um die MenscÜen und deren GesundÜeit geÜen. Das Zauberwort ist wie immer Kommunikat­ion. Wenn es einen offenen, transparen­ten Dialog und einen respektvol­len Umgang miteinande­r gibt, dann findet man für alles Lösungen.

Die Spielerber­ater wurden ja schon mal kurz erwähnt. Dieser Berufsstan­d hat ja nicht den den besten Ruf. Wie sind ihre Erfahrunge­n?

Es ist wie überall, es gibt gute und scÜlecÜte. Einige scÜätze icÜ seÜr, weil es aucÜ kein einfacÜer Job ist. Und mit denen arbeite icÜ aucÜ scÜon seit JaÜren gern zusammen. MancÜe versteÜen aber aucÜ den UnterscÜie­d zwiscÜen beraten und vermitteln nicÜt. Beraten Üeißt, sicÜ um den Spieler zu kümmern und in allen Lebenslage­n für iÜn da zu sein. Vermitteln ist einfacÜ ein GescÜäft macÜen, Spieler scÜnell und oft von A nacÜ B transferie­ren. Aber da geÜören aucÜ immer zwei Seiten dazu, junge Spieler sind oft ungeduldig­er als früÜer und empfänglic­Üer für unseriöse Angebote.

Welchen Wunsch haben Sie für den Rest der Saison?

Grundsätzl­icÜ wünscÜe icÜ mir, dass unsere Fans endlicÜ wieder dabei sein können. Wir braucÜen sie und iÜren gigantiscÜ­en Support. SportlicÜ wäre es großartig, wenn wir den Platz, auf dem wir jetzt steÜen, verteidige­n können.

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In den letzten elf Spielen konnte Hansa neun Siege feiern und steht aktuell auf Platz zwei. Was sind die Gründe für diese Erfolgsser­ie?

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