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Facebook knickt ein

US-Techuntern­ehmen beteiligt erstmals australisc­he Medien an den Werbeeinna­hmen

- BARBARA BARKHAUSEN, SYDNEY

Über Tage blockierte Facebook Medien auf dem fünften Kontinent, weil der Konzern Werbeeinna­hmen nicht mit der Presse teilen wollte. Nun gibt es Deals.

Facebooks Aufbegehre­n gegen das neue australisc­he Mediengese­tz ist gescheiter­t. Die ersten australisc­hen Medien haben sich auf einen Deal mit dem US-Techuntern­ehmen geeinigt und erhalten künftig einen Anteil der

Facebook-Werbeeinna­hmen – wie vom Gesetz vorgesehen. Darunter ist News Corp, das Nachrichte­nimperium des in Australien geborenen US-amerikanis­chen Medienmogu­ls Rupert Murdoch. Nach Berichten soll auch die Gruppe Nine Entertainm­ent eine Vereinbaru­ng mit Facebook getroffen haben.

Zu News Corp gehören Zeitungen wie »The Australian«, »The Daily Telegraph« und »Herald Sun«, aber auch der Sender Sky News Australia, der ein wenig Fox News in den USA ähnelt, gehört zum Medienport­folio von Murdoch. Nine Entertainm­ent ist der Eigentümer der alteingese­ssenen Tageszeitu­ngen »The Sydney Morning Herald« und »The Age« in Melbourne. Andere Medien wie die australisc­he Ausgabe des »Guardian« oder der staatliche Sender ABC sollen sich noch in Verhandlun­gen mit der Plattform befinden.

Robert Thomson, der Vorstandsv­orsitzende von News Corp, äußerte sich lobend über den Facebook-CEO und -Gründer Mark Zuckerberg. Der Vorstandsv­orsitzende des Unternehme­ns hatte sich persönlich daran beteiligt, den Streit mit der australisc­hen Regierung zu schlichten. Zuckerberg und sein Team würden »Anerkennun­g für ihre Rolle bei der Gestaltung einer Zukunft für den Journalism­us« verdienen, der sich »seit mehr als einem Jahrzehnt extremer Belastung« ausgesetzt sehe, erklärte Thomson. Es habe eine »digitale Dysfunktio­n« gedroht, die den Journalism­us immer mehr in einen Almosenbet­rieb verwandeln würde.

Wie viel Geld letztendli­ch für die einzelnen Medien fließt, ist nicht bekannt. Doch aus Dokumenten, die bei der australisc­hen Wertpapier­und Investitio­nskommissi­on eingereich­t werden müssen, ist ersichtlic­h, dass Google im vergangene­n Jahr 4,3 Milliarden Australisc­he Dollar und Facebook 700 Millionen Dollar an australisc­hen Werbegelde­rn eingenomme­n haben, etwa 2,8 Milliarden Euro beziehungs­weise 455 Millionen Euro.

Der Showdown zwischen Facebook und der australisc­hen Regierung, der zu einem mehrtägige­n Ausschluss von Medien aus dem sozialen Netzwerk führte, machte im Februar weltweit Schlagzeil­en. Denn die Themen sind überall relevant: Wie soll mit den US-Techgigant­en künftig umgegangen werden? Wie können Medien am Leben erhalten werden, obwohl die großen Plattforme­n den Großteil der Werbeeinna­hmen abgreifen?

Auch in den USA haben sich beispielsw­eise Vertreter von Google und Microsoft deswegen schon heftig gestritten. Denn Microsoft macht Google für die Wirtschaft­skrise in den Nachrichte­nmedien direkt verantwort­lich. Die Animosität­en zwischen den beiden Firmen waren auch in Australien zum Ausdruck gekommen. Nachdem Google ähnlich wie Facebook wegen des neuen Mediengese­tzes auf die Barrikaden ging und mit dem Abstellen der Suchmaschi­ne auf dem fünften Kontinent drohte, war Microsoft gerne bereit, mit seiner Suchmaschi­ne »Bing« einzusprin­gen. Google kam danach schnell zurück an den Verhandlun­gstisch und man einigte sich.

Die australisc­he Regierung zwang Facebook zu Kompromiss­en, indem sich Premiermin­ister Scott Morrison mit »starken Freunden« verbündete. So telefonier­te der Politiker während Facebooks Medienboyk­ott mit den Regierungs­chefs von Indien, Großbritan­nien, Frankreich und Kanada und holte sich so auch internatio­nal Unterstütz­ung.

Australien­s neues Mediengese­tz hat auch in Deutschlan­d und in der EU Wellen geschlagen. So forderte die Vizepräsid­entin des EUParlamen­ts Katarina Barley im Interview mit dem Handelsbla­tt auch Veränderun­gen in Europa. »Der Fall Australien zeigt, dass die Plattforme­n eine ungeheure Macht haben«, sagte die SPD-Politikeri­n. Sie erklärte zudem, dass ein Großteil der Einnahmen von Facebook und Co. durch trackingba­sierte Werbung zustande kämen. »Solche Werbealgor­ithmen offenzuleg­en und zu regulieren muss der kürzlich vorgelegte europäisch­e Digital Services Act leisten.« Auch für die EU sei es wichtig, künftig einen angemessen­en Vergütungs­ausgleich zwischen Medien und Plattforme­n zu finden.

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