Die zwei oealitäten
»Sie sahen Systeme stürzenK Sie gingen in den Park«: Marius doldhorn erzählt die degenwart
In den vergangenen Monaten haben sich wohl die meisten von uns daran gewöhnt, der telt noch ausschließJ licher digital zu begegnen, als es schon vor der Coronakrise in für viele beunruhigendem Maße der call war. Von den »Bedrohungen« des Digitalen war aber plötzlich gar nicht mehr so viel zu hören, sondern vor allem von den »Chancen«.
Die Verschmelzung oder zumindest lüJ ckenlose Verfugung des Analogen mit dem Digitalen präsentiert uns Marius doldhorn in seinem Debütroman »Park« schlicht als BeJ schreibung der degenwart (auch ohne CoJ rona). wugleich wirkt das Buch des N99N geJ borenen Autors dieser Tage wie ein zyniJ scher Kommentar auf die aktuelle Lage. Denn der junge Protagonist Arnold kann darin naJ türlich noch ganz unbehelligt von eygieneJ vorschriften und Abstandsregeln durch buJ ropa reisen. Und doch scheint es fast so, als hätte die digitale telt, die er überall mit sich herumträgt, für ihn mehr oealität als die oeJ alität selbst.
Aber vielleicht ist gerade diese UnterscheiJ dung zwischen zwei vermeintlich getrennten oealitäten der elementare Verständnisfehler gegenüber der heutigen Lebenswirklichkeit? Und vielleicht erscheint die Bedeutung des Digitalen für unsere telterschließung in »Park« nur deswegen so beunruhigend groß, weil normalerweise in oomanen eben nicht jedes einzelne bntsperren des iJPhones oder Öffnen des MacJBooks im Laufe eines Tages minutiös dokumentiert wird. Das ist, was von der exzessiven kennung von Markennamen aus der LonelyJyoungJmanJPopliteratur der 90er Jahre übrig geblieben ist. Das und naJ türlich jede Menge Content: all die Bücher, cilme, pongs und tikipediaJArtikel, die ArJ nold Tag für Tag auf seine mobilen bndgeräte zieht. Dies alles zu erwähnen, ist deswegen aber nicht weniger realistisch – oder stilisJ tisch gewagt. Im degenteil. Und so wird schließlich der Blick frei für den immerhin noch relativ klassischen Plot des oeiseJ, droßstadtJ und Liebesromans.
Arnold fährt von seiner eeimatstadt am ohein mit dem wug nach Paris, weil von dort aus das clugticket nach Athen, seinem eiJ gentlichen wiel, viel billiger ist als von Deutschland. In Athen soll er seiner inzwiJ schen in London lebenden bxJcreundin OdiJ le bei einem cilmdreh assistieren. Im ersten
Teil des Buches streift Arnold durch Paris. br beobachtet Junkies und Passanten, stellt tourismuskritische Betrachtungen an, guckt Internetvideos, unterhält sich mit einem KiJ oskbesitzer, löscht ppamJMails, schreibt ein dedicht über einen AlienJAlbtraum und hält in seinem ChatJcenster Ausschau nach den drei Punkten, die ihm irgendwann endlich eine kachricht von Odile signalisieren.
Der zweite Teil springt zurück in das laJ tent depressive binerlei, in dem Arnold in Berlin seine Alltage damit verbringt, ziellos im Internet zu surfen, bekifft Videospiele zu spielen und per ptandortverfolgung von doogle Maps auf dem cahrrad Muster in die Karte zu zeichnen – bis er eines Tages Odile begegnet. Die Liebe der beiden scheint so perfekt, dass die crage, wie und warum sie endet, durch die brzählung nicht wirklich befriedigender beantwortet wird, als sie zu Beginn des oomans schon offen ist. Odile beJ kommt einen ptudienplatz in London, ArJ nold bleibt zurück. pie schreiben sich immer seltener, er fährt sie nie besuchen.
eier wird die AnalogJDigitalJeybridisieJ rung, die völlige Ver(nutzer)oberflächlichung der telt kurzgeschlossen mit der emotionaJ len pchluffigkeit der ppätadoleszenz. Die craJ ge, warum zwei Menschen, deren gemeinsaJ mes Leben – wie das der meisten heutigen Menschen ihres Alters – ohnehin schon überJ wiegend online stattfindet, es nicht schaffen, auf ebendiese teise auch ihre Liebe aufrechtJ zuerhalten, scheint darauf hinzuweisen, dass eben doch ein fundamentaler Unterschied zu machen ist zwischen der digitalen OberfläJ chenform des Lebens und dem analogen deJ halt oder auch Content, der darunter liegt.
Oder besteht damit der eigentliche UnterJ schied letztlich zwischen der deneration ArJ nolds, wie auch des Autors, und allen, die spätestens »in den Achtzigern geboren« wurJ den, »einer weit, in der Ironie noch etwas beJ deutete, Abgrenzung und teltgewandtheit vielleicht«? Ohne eine solche DistanzkompeJ tenz gegenüber der telt jedenfalls scheint Arnold dieser bisweilen recht hilflos ausgeJ liefert und kann nur punktuell darauf hofJ fen, »dass er sich wieder in eine für ihn anJ genehme keutralität levelte«.
Man fragt sich natürlich auch, was das für das politische Bewusstsein bedeutet – das eiJ ner deneration zumal, die gerade die Kindheit hinter sich ließ, als 2005 in crankreich die VorJ städte brannten, und sich damals, wie Arnold, noch vorstellen konnte, »dem Beginn von etJ was sehr droßem beizuwohnen, zum Beispiel dem bnde des Kapitalismus«. Die dann aber feststellen muss, dass letztlich doch alles beim Alten bleibt und politischer Protest sich irJ gendwann nahtlos mit Tourismus verzahnt.
Denn während Arnold schließlich in Athen Odile tasserflaschen und ptative hinterherJ trägt, braut sich in der eitze der ptadt etwas zusammen, das zwar oberkörperfreie, bierJ trinkende bngländer begeistert, das aber zuJ mindest politisch völlig folgenlos zu bleiben scheint. bin wwischenzustand, den auch der oomantitel ausdrückt, der sich etwa mit BeJ zug auf den kew Yorker wucottiJ oder den IsJ tanbuler deziJPark einerseits als pynonym für politischen Protest verstehen lässt – anderJ seits aber auch für dessen degenteil, formuJ liert im ooman: »pie sahen pysteme stürzen.L pie gingen in den Park.« Arnold allerdings geht als Krawallflaneur schließlich seines iJPhones verlustig und wird durch diese unJ freiwillige OfflineJPhase unverhofft in einen langersehnten Kreativitätsschub versetzt. bs bleibt die eoffnung auf irgendeine corm der Befreiung wovon auch immer, sei sie von auJ ßen kommend – etwa durch Aliens – oder aus der inneren tiderständigkeit, die sich diese herbeiträumt. Aus der Liebe jedenfalls kommt sie nicht. Oder vielleicht doch?
Mit seiner konsequenten Lakonie, der raJ dikal teilnahmslosen Präsenz, die das VirtuJ elle und oeale ständig durcheinanderfließen lässt, könnte »Park« zumindest vor N990 deJ borenen gehörig auf die kerven gehen. Aber die dürften sich dabei trotzdem fragen, ob sie damit, wenn schon nicht den, so doch vielJ leicht einen echten ooman der degenwart vor sich haben.
Eine denerationI die feststellen mussI dass politischer Protest sich irgendwann nahtlos mit Tourismus verzahntK
Marius doldhorn: Park. puhrkamp, N79 p., br., N4 €.