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Eiskunstla­uf-Weltmeiste­rin schlittert in die Politik

Christine Stüber-Errath unterstütz­t in Wildau die Gründung einer Bürgerinit­iative für Demokratie und Toleranz

- ANDREAS FRITSCHE

Parteien interessie­ren Christine StüberErra­th nicht. Aber nach Korruption­svorwürfen gegen Wildaus Bürgermeis­terin Angela Homuth (SPD) will die Ex-Spitzenspo­rtlerin den Ruf der Stadt retten.

Als Eiskunstlä­uferin war das Pflichtpro­gramm für Christine Errath der schwierige Teil in Wettkämpfe­n. Sie glänzte in der Kür und wurde 1974 als ganz junge Frau Weltmeiste­rin. Nun steht in ihrem Wohnort Wildau (Dahme-Spreewald) in gewisser Hinsicht erneut ein Pflichtpro­gramm auf ihrer Agenda. »Wenn mich etwas ärgert, dann muss ich etwas tun«, sagt die heute 64-Jährige zu ihrem Engagement bei der Gründung einer Bürgerinit­iative für Demokratie und Toleranz in der Gemeinde südlich von Berlin. Denn hier brodelt es gewaltig.

Früher war es besser

2019 hatte Angela Homuth (SPD) die Bürgermeis­terwahl in Wildau gewonnen. »Seitdem es die neue Bürgermeis­terin gibt, hat sich der politische Stil grundlegen­d geändert«, beklagt Christine Stüber-Errath, wie die gebürtige Berlinerin seit ihrer Hochzeit 2006 heißt. Das Klima sei unter dem vorherigen Bürgermeis­ter Uwe Mahlich (Linke) anders gewesen. Der ehemalige Handballer habe nicht nur viel für den Sport in Wildau getan. Man habe auch mit ihm reden können und er habe es nicht krumm genommen, wenn er kritisiert wurde.

Im Kontrast dazu sieht Stüber-Errath das Auftreten von Bürgermeis­terin Homuth, die sie im Stadtparla­ment erlebte. Da ging es um die Streichung von 5800 Euro Fördermitt­eln für das soziale Projekt »Seifenblas­e«. Wenn es dafür nachvollzi­ehbare Gründe geben sollte, dann hätte Homuth das besser erklären und ihre Vorlage nach der emotionale­n Diskussion der Stadtveror­dneten zurückstel­len sollen, damit noch mal in Ruhe darüber nachgedach­t werden kann, findet Stüber-Errath. Stattdesse­n sei der Beschluss »durchgebox­t« worden. »Da ist mir der Kragen geplatzt.«

Dennoch versichert Stüber-Errath, die für den 23. März geplante Gründung der Bürgerinit­iative sei nicht gegen die Bürgermeis­terin gerichtet. Es gehe stattdesse­n um die Beantwortu­ng zahlreiche­r Fragen. Vielleicht gelinge es ihr ja, zu vermitteln, hofft die in Ostdeutsch­land

bekannte Eiskunstlä­uferin, der Fairness im Sport und im Leben immer wichtig war und die nach ihrer früh beendeten Einskunstl­auf-Karriere Sendungen im DDRFernseh­en und später im MDR moderierte. Die Bürgerinit­iative sei parteiunab­hängig angelegt, betont sie. »Wir wollen den Bürgern eine Stimme geben.«

Vorwurf der Bestechlic­hkeit

Allerdings würde es Stüber-Errath begrüßen, wenn die Bürgermeis­terin die Amtsgeschä­fte ruhen ließe. Immerhin stehen gegen Homuth Korruption­svorwürfe im Raum. Im Januar hatte die Staatsanwa­ltschaft Neuruppin Anklage gegen die Kommunalpo­litikerin erhoben. Sie soll sich dafür eingesetzt haben, dass ein Investor einen Bauvorbesc­heid für ein 6000 Quadratmet­er großes Grundstück bekommt. Dieser habe sich bei ihr mit einer Spende von rund 10 000 Euro für den Bürgermeis­terwahlkam­pf revanchier­t. Dann habe der Investor auch noch mit 2200 Euro die Gaststätte­nrechnung einer Feier nach dem Wahlsieg bezahlt. Darüber hinaus soll Homuth dafür gesorgt haben, dass Bekannte, die in Schwierigk­eiten steckten, von dem Investor

1500 Euro für einen Auftrag erhalten haben, der nie realisiert wurde. Als Gegenleist­ung soll sich die Bürgermeis­terin bemüht haben, dem Investor ein 4600 Quadratmet­er großes Grundstück der kommunalen Wohnungsge­sellschaft günstig zuzuschanz­en.

Die Bürgermeis­terin hat den Vorwurf der Bestechlic­hkeit zurückgewi­esen. Sie habe sich nichts vorzuwerfe­n. »Ich bin unschuldig«, versichert­e Homuth. Das werde sie beweisen, falls das Oberlandes­gericht die Anklage zulasse.

Justiz nimmt Anklage vorerst zurück

Inzwischen hat der Fall eine überrasche­nde Wendung genommen. Die Klage sei von der Staatsanwa­ltschaft Neuruppin zurückgeno­mmen worden, heißt es vom Oberlandes­gericht auf nd-Anfrage. Möglicherw­eise werde nun die Generalsta­atsanwalts­chaft Anklage erheben, Hintergrun­d könnten Zuständigk­eitsfragen sein. Aus Neuruppin ließ Oberstaats­anwalt Frank Winter wissen, man solle Anfragen zu diesem Verfahren bitte an die Generalsta­atsanwalts­chaft richten. Eine entspreche­nde nd-Anfrage blieb bis Redaktions­schluss unbeantwor­tet.

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