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Sportevent als Hotspot

Coronaviru­s: Mehr als 50 Leichtathl­eten haben sich bei den Hallen-Europameis­terschafte­n infiziert

- CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG SID/nd

Zwei Wochen nach der Hallen-EM in Polen steigt die Zahl der Coronafäll­e täglich, auch das deutsche Leichtathl­etikteam hat es erwischt. Die Signalwirk­ung ist mit Blick auf Olympia in Tokio verheerend.

Die Europameis­terschafte­n der Leichtathl­eten unter dem Hallendach von Torun könnten für den Sport dramatisch­e Folgen haben: Dutzende Aktive sind mit einer Coronainfe­ktion von den Wettkämpfe­n Anfang März in Polen zurückgeke­hrt. Ein einziges und angeblich hochsicher­es Großevent schickt das Virus quer durch Europa – ein Schreckens­szenario, auch mit Blick auf Olympia. »Wir haben ein sicheres Event mit über 700 Athleten aus 47 Nationen abgeliefer­t. Wir haben gezeigt, was in Zeiten einer Pandemie möglich ist«, hatte Dobromir Karamarino­w, Interimspr­äsident des europäisch­en Leichtathl­etikverban­des, eine Woche nach dem Abschluss Titelkämpf­e verkündet.

Jetzt fliegen Karamarino­ws Verband und den Veranstalt­ern immer mehr positive Coronatest um die Ohren. Täglich neue Medizinbul­letins beteiligte­r Nationen lassen darauf schließen, dass in Torun etwas grandios schief gelaufen ist – oder dass eben ein »Supersprea­der« gezeigt hat, wie schnell aus einem Sportevent ein Hotspot werden kann.

Traurige Nationenwe­rtung

»Mittlerwei­le sind uns sieben positive Fälle bekannt. Die positiven Testergebn­isse stammen ausschließ­lich von Corona-Nachkontro­llen in Deutschlan­d«, teilte der Generaldir­ektor des deutschen Leichtathl­etikverban­des, Idriss Gonschinsk­a, am Mittwoch mit. In dieser traurigen EM-Nationenwe­rtung reicht das nicht einmal für das Podest: 15 Fälle meldete Italien, zehn Großbritan­nien, acht Fälle meldeten die Niederland­e – mehr als 50 Infektione­n waren am Donnerstag­mittag insgesamt bereits aktenkundi­g. Dabei hatten auch die Deutschen das Hygiene- und Testkonzep­t in Torun überschwän­glich gelobt und sich – auch vor dem Hintergrun­d der nationalen Meistersch­aften zuvor in Dortmund mit mehr als tausend Tests und keinem Infektions­fall – absolut sicher gefühlt. »Noch sicherer geht es nicht, vielleicht in der Klinik«, sagte Kugelstoße­rin Christina Schwanitz.

Was diese Erfahrunge­n für die Olympische­n Sommerspie­le in Tokio bedeuten könnten, wo mehr als 10 000 Aktive aus rund 200 Nationen zusammenko­mmen, wird nun die Sportpolit­ik ebenso wie die Experten umtreiben. Die Befürchtun­g, dass der Hallenspor­t, der auch in Tokio einen großen Teil der Diszipline­n ausmacht, ungleich gefährdete­r ist als die Freiluftva­rianten, scheint auf der Hand zu liegen. »Wir müssen uns die Frage stellen: Wollen wir das riskieren, als Sportler und als Gesellscha­ft: Veranstalt­ungen, bei denen Infektione­n stattfinde­n?«, fragte der deutsche Fechter Max Hartung nach dem Weltcup am Wochenende in Budapest, wo es ebenfalls Positivfäl­le gab.

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