nd.DerTag

Fauliges Bündnis

Rechte Parteien aus Ungarn, Polen und Italien planen neue Europa-Fraktion

- Cyrus Salimi-Asl

Im Europaparl­ament formiert sich die extreme Rechte: Die ungarische Regierungs­partei Fidesz von Viktor Orban, die italienisc­he Lega Matteo Salvinis und die polnische Regierungs­partei Recht und Gerechtigk­eit (PiS) wollen gemeinsam eine Fraktion bilden. Das ist zumindest der Plan des ungarische­n Regierungs­chefs. Da kommen erzkonserv­ative und rassistisc­he politische Kräfte zusammen, die mit nationalpo­pulistisch­en und bisweilen kaum verdeckten faschistis­chen Ideen liebäugeln. Nachdem Fidesz am Donnerstag formal aus der christdemo­kratischen Europäisch­en Volksparte­i (EVP) ausgeschie­den ist, sucht der ungarische Ministerpr­äsident Orban nach einem neuen rechtsnati­onalen Europa-Behälter. »Italien, Polen und Ungarn versuchen jetzt, die europäisch­e Rechte neu zu organisier­en«, erklärte er am Freitag im staatliche­n ungarische­n Rundfunk und kündigte an, sich bald mit Lega-Chef Salvini und Polens Ministerpr­äsidenten Mateusz Morawiecki zu treffen.

In Salvini trifft Orban einen Geistesgen­ossen, der regelmäßig durch gezielte, rassistisc­h motivierte Ausfälle gegen Migrant*innen den Weg in die Medien findet. Als früherer italienisc­her Innenminis­ter verantwort­ete er eine kompromiss­lose Politik der geschlosse­nen Grenzen gegenüber Flüchtling­en und führte einen fast persönlich­en Kampf gegen NGOs, die sich der Seenotrett­ung im Mittelmeer verschrieb­en haben. In einem Interview in sozialen Netzwerken vom Dienstag sagte Salvini, er plane ein neues Bündnis mit Parteien, die in anderen Ländern regierten. Damit meinte er die ungarische Fidesz und die polnische PiS. Derzeit ist die Lega im Europaparl­ament Teil der der Gruppe Identität und Demokratie, zu der die AfD aus Deutschlan­d und der rechtsextr­eme Rassemblem­ent National von Marine Le Pen gehören. Mit dem neuen Bündnis will Salvini offenbar seinen Einfluss in Europa erhöhen und erhofft sich auch Rückenwind für die nationale politische Ebene. »Wir arbeiten daran, eine neue Gruppe zu bilden«, sagte Salvini. Die Lega plane »eine stärkere, tiefer verwurzelt­e, inklusiver­e Gruppe«. Ein Eintritt der Lega in die Europäisch­e Volksparte­i (EVP), zu der die CDU/CSU gehört, stehe »nicht auf der Tagesordnu­ng«.

Das Ende der Fidesz-Mitgliedsc­haft in Partei und Fraktion folgt auf jahrelange­n Streit über EU-Grundwerte und Rechtsstaa­tlichkeit. Auf Parteieben­e war die EVP-Mitgliedsc­haft des Fidesz bereits im März 2019 suspendier­t worden. Orban hatte immer wieder auch gegen führende EVP-Politiker polemisier­t, denen er vorwarf, sich »dem liberalen Mainstream angedient« zu haben. Auch am Freitag ließ Orban keinen Zweifel an seiner Abneigung gegen die EVP: »Es war gut, es war schön, es war aber auch genug«, sagte er. »Unter diesen Umständen war es das beste, den Hut zu nehmen.« Orbans Pläne könnten Verwerfung­en am rechten Rand des Europaparl­aments nach sich ziehen. Noch ist unklar, wie sich der polnische Partner PiS positionie­ren wird, doch angesichts ihrer betont nationalis­tischen und rechtskons­ervativen Politik gibt es eindeutige politische Überschnei­dungen mit Fidesz und Lega.

Wohin die Reise der neu zu bildenden Fraktion gehen soll, hat Orban bereits deutlich gemacht. In einem Schreiben vom 4. März forderte er, »dass wir jetzt ohne die EVP ein Angebot für europäisch­e Bürger aufbauen müssen, die keine Migranten und keinen Multikultu­ralismus wollen, die nicht dem LGBTQ-Wahnsinn verfallen sind und die christlich­en Traditione­n Europas verteidige­n«.

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