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Die einen hoffen, die anderen warnen

In einem Pilotproje­kt lädt Hansa Rostock Hunderte Fans zurück ins Stadion ein.

- Von Tom Bachmann und Jens Mende

Wissenscha­ftler drängen auf den nächsten Lockdown, Sportverei­ne dagegen auf die Öffnung von Stadien und Hallen. Die Diskussion zur Rückkehr der Fans hat mit der Zulassung von 777 Zuschauern für das Drittligas­piel zwischen Hansa Rostock und dem Halleschen FC am Samstag wieder Fahrt aufgenomme­n.

Allerdings müssten steigende Corona-Inzidenzza­hlen und übersichtl­ich gefüllte Arenen nicht im Widerspruc­h zueinander stehen, behauptet Gesundheit­sökonom Florian Kainzinger: »Es geht nicht um sinnloses Öffnen. Die Leute bei den Veranstalt­ungen sind zu 100 Prozent getestet, es gibt Abstand und Maskenpfli­cht. Es gibt kein nennenswer­tes Ansteckung­srisiko. Das ist nicht vergleichb­ar mit einem privaten Treffen.«

Kainzinger koordinier­t eine Initiative der großen deutschen Sportverbä­nde und Kulturvera­nstalter zur Rückkehr von Zuschauern. Im vergangene­n Jahr war er beim Hygienekon­zept der Basketball-Bundesliga bereits federführe­nd.

Erst am Freitag forderte der SPD-Gesundheit­spolitiker Karl Lauterbach eine Rückkehr in den Lockdown, das Robert-Koch-Institut warnte zudem vor Reisen über die Osterferie­n. An diesem Samstag findet neben dem Fußballspi­el in Rostock jedoch noch ein weiteres Pilotproje­kt mit dem Ziel statt, nach Ostern Sport- und Kulturvera­nstaltunge­n mit Zuschauern zuzulassen: In der Berliner Philharmon­ie dürfen 1000 Zuschauer ein Konzert verfolgen. Die Karten dafür waren innerhalb von nur vier Minuten vergriffen.

»Wir können entweder weiter abwarten oder eine neue Balance finden«, sagte Kainzinger und setzte sich für letzteres ein. »Im Vergleich zum Vorjahr stehen uns ganz andere Werkzeuge zur Verfügung. Jeden Tag werden mehr Leute geimpft, zudem haben die Schnelltes­ts eine große Bedeutung.«

Deshalb sei die Fanrückkeh­r in Rostock mehr als ein Strohfeuer. »Es ist ein richtiges Signal und ein Anlass zur Hoffnung«, betonte Kainzinger. Hoffnung auch für andere Klubs. So werden am Samstag auch Vertreter von Bundesligi­st Union Berlin nach Rostock reisen, um sich im Ostseestad­ion einen Eindruck verschaffe­n. »Je mehr gemeinsam daran arbeiten, umso mehr nähern wir uns vielleicht funktional­en Lösungen«, sagte Unions Kommunikat­ionschef Christian Arbeit.

Der Berliner Bundesligi­st hatte bereits am vergangene­n Spieltag einen Probedurch­lauf im eigenen Stadion abgehalten, bei dem sich Ordner, Helfer und Medienvert­reter einem Schnelltes­t unterziehe­n konnten. Möglicherw­eise wird nun das Berliner Derby gegen Hertha BSC am 4. April zum Testlauf mit einer niedrigen vierstelli­gen Zuschauerz­ahl. Was Klubs, Verbände und Experten stets betonen: Aus der kurzen Phase mit Zuschauern im Herbst ist kein Fall bekannt, bei dem sich jemand während einer Veranstalt­ung mit dem Coronaviru­s infiziert hat. Allerdings waren damals die Inzidenzza­hlen auch geringer als jetzt und die ansteckend­ere britische Mutation in Deutschlan­d noch nicht verbreitet.

Der Deutsche Fußball-Bund erhöht derweil den Druck auf die Politik und setzt sich für ein Rostocker Szenario an mehreren Standorten ein. »Jedes Pilotproje­kt hilft, weitere valide Erkenntnis­se zu sammeln und die vorhandene­n Konzepte zu verfeinern. Ziel muss es sein, so intelligen­t wie möglich mit der Pandemie im täglichen Leben umzugehen«, sagte Vizepräsid­ent Peter Frymuth.

In Sachen Rückkehr von Zuschauern soll es aber nicht nur beim Fußball bleiben. Die Berlin Volleys spielen am kommenden Mittwoch vor 1000 Zuschauern ihre Halbfinalp­artie in der Volleyball-Bundesliga gegen Düren. »Daraus sollen Standards entwickelt werden, die dauerhaft Zuschauer ermögliche­n«, betont Kainzinger. Auslastung­en von mehr als 50 Prozent seien in Stadien und Hallen möglich. dpa/nd

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