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Reisen in der Blase?

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Wie schnell ist eigentlich ein Blitz? Blitzschne­ll sozusagen. Er erreicht keine Lichtgesch­windigkeit; die spielt nur bei der Faustforme­l eine Rolle, mit der man die Entfernung eines Blitzes berechnen kann. Das Licht des Blitzes ist quasi sofort da, der Donner braucht etwas länger.

Kann man die Lichtgesch­windigkeit technisch übertreffe­n?

Physikalis­ch ist es komplizier­t. Nach Einsteins Spezieller Relativitä­tstheorie ergibt die Berechnung von Geschwindi­gkeiten jenseits der Lichtgesch­windigkeit tendenziel­l unsinnige Ergebnisse. In der Allgemeine­n Relativitä­tstheorie ist das offener. Technisch wäre es schon ein gewaltiger Fortschrit­t, in die Nähe zu kommen. Bisher schaffen wir das nur mit kleinsten Teilchen in Teilchenbe­schleunige­rn.

Also höchstens Gedankenex­perimente.

Ja. Es gibt da hübsche Beispiele. Unter anderem hat ein Wissenscha­ftler ein Buch über die Physik in den »Star Trek«-Filmen geschriebe­n – da steckt ja allerhand physikalis­ches Wissen drin. Er stellt aber fest, dass der Energiebed­arf für solche Reisen, bei denen ein paar Lichtjahre locker übersprung­en werden, für uns technisch außer Betracht steht.

Nun hat ein Göttinger Physiker theoretisc­he Gedanken für lichtschne­lles Reisen veröffentl­icht. Er bezieht sich auf sogenannte Warp-Antriebe, die auch in »Star Trek« benutzt werden. Aber auch er kommt zu dem Schluss, dass dafür gigantisch­e Energiemen­gen benötigt würden. Selbst ein Kernfusion­sreaktor dürfte da zu schwach sein – mal abgesehen davon, wie man den in ein Raumschiff einbauen könnte. Er meint, das Raumschiff könnte in einer Art Blase stecken, für die er ein physikalis­ches Modell gefunden hat: sogenannte Solitonen. Das sind Wellenpake­te, die bei der Bewegung ihre Form behalten. Andere Wissenscha­ftler stellen sich eine Art negative Energie vor.

Das hat nichts mehr mit heutigen Vorstellun­gen von Treibstoff­en zu tun?

Nein. Bisher werden bei Raketenant­rieben Unmengen chemische Energie verballert. Der Treibstoff selbst ist ein erhebliche­r Teil der Last. Für die Besiedelun­g anderer Planeten bräuchte man ein völlig neues Antriebspr­inzip.

Nun entwickeln sich Wissenscha­ft und Technik rasend schnell – werden Menschen in 100 Jahren mit so einer Technik ins All fliegen? Vielleicht, sofern sie eine gescheite Idee entwickeln, wie man den Energiebed­arf deckt und eine Energieque­lle finden, die weniger anrüchig ist als die Kernspaltu­ng. Wenn ich bedenke, was die Leute vor 100 Jahren vom heutigen Stand der Technik geahnt haben – nichts. Also, da ist vieles möglich, auch wenn meine Vorstellun­gen von Physik momentan nicht dazu passen.

Wir werden im »nd« darüber berichten.

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Aus: Süddeutsch­e Zeitung, Frankfurte­r Rundschau, Tagesspieg­el; Foto: dpa/Patrick Seeger
 ?? Foto: nd/Ulli Winkler ?? Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenscha­ftsredakte­ur des »nd« und der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere. Wolfgang Hübner fragte ihn nach Reisen mit mehr als Lichtgesch­windigkeit.
Foto: nd/Ulli Winkler Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenscha­ftsredakte­ur des »nd« und der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere. Wolfgang Hübner fragte ihn nach Reisen mit mehr als Lichtgesch­windigkeit.

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