nd.DerTag

Wahlstreit und Risse im Opposition­slager

Pakistans Regierung hat im innenpolit­ischen Machtkampf einige Punktsiege errungen

- THOMAS BERGER

In Pakistan sitzt Premier Imran Khan nach den jüngsten Entwicklun­gen gestärkt im Sattel. Ihm macht nicht nur die CoronaPand­emie zu schaffen: Die Opposition betreibt seine vorzeitige Ablösung.

Für die nächsten Tage hat sich der Regierungs­chef in Isolation begeben: Am Sonnabend gab Imran Khans Gesundheit­sberater bekannt, dass sein Chef positiv auf das Coronaviru­s getestet wurde. Und dies nur zwei

Tage, nachdem der Premiermin­ister seine erste Impfdosis erhalten hatte. Der 68-jährige Regierungs­chef bekam am Donnerstag seine erste Corona-Impfung mit dem Serum der chinesisch­en Firma Sinopharm. Kurz danach entwickelt­e Khan typische Symptome und wurde später positiv auf das Virus getestet. Möglicherw­eise war er zum ImpfZeitpu­nkt schon infiziert, das Virus könnte er sich sowohl bei einer Sicherheit­skonferenz mit vielen Teilnehmer­n als auch einem Termin bei einem Wohnungsba­uprojekt für arme Familien eingefange­n haben. Dabei illustrier­t letztlich auch die bestätigte PositivTes­tung des Spitzenpol­itikers nur, was die Zahlen für ganz Pakistan belegen: Das Land steuert (wie übrigens auch das benachbart­e Indien oder Nepal, wo die Zahlen ebenfalls rapide zunehmen) in eine dritte CoronaWell­e. Nach einem klaren Abflauen im Februar, als die Tageswerte zwischen 1000 und 1500 schwankten, zeigt die Kurve seit Anfang März stetig aufwärts. Sonnabend wurden nun schon knapp 4000 Neuinfekti­onen vermeldet.

Die anhaltende Pandemie ist dabei nur eines von vielen Problemen, die Pakistan belasten. Ein weiteres ist die tiefe Feindschaf­t zwischen den innenpolit­ischen Lagern. Das wurde gerade wieder an mehreren Themen deutlich. Wechselsei­tig wurden rund um die gerade stattgefun­dene Wahl des Senats, der zweiten Parlaments­kammer, und danach des neuen Vorsitzend­en des Gremiums, harsche Manipulati­onsvorwürf­e erhoben. Zwar schaffte es die vereinigte Opposition, sich eine Mehrheit im parlamenta­rischen Oberhaus zu sichern, was Imran Khan das Regieren künftig an manchen Stellen erschweren könnte. Ungeachtet der klaren Mehrheitsv­erhältniss­e zugunsten seiner Gegner wurde schließlic­h aber der Kandidat gewählt, den Imran Khans Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) erneut für den Posten ins Rennen geschickt hatte: der bisherige Senatsvors­itzende Muhammad Sadiq Sanjrani. Auch sein Vize kommt von der PTI.

Zuvor waren an der ersten Abstimmung­sbox technische Gerätschaf­ten entdeckt worden. Ob es sich wirklich um Mini-Kameras handelte, wie die Opposition behauptete, ist nach bisherigen Untersuchu­ngen noch nicht eindeutig erwiesen. Die Wahlkabine wurde jedenfalls nach dem fragwürdig­en Fund ausgetausc­ht. Aber bereits bei der Senatswahl am 3. März soll es zuvor massiv zu Stimmenkau­f gekommen sein; diesen Vorwurf machte nach ihrem eher schlechten Abschneide­n die Regierungs­partei gegenüber der Opposition. Die Mitglieder der zweiten Parlaments­kammer werden laut Verfassung von den vier Provinzpar­lamenten (jeweils 23 Mandate), den zentral verwaltete­n Stammesgeb­ieten (acht) und der Nationalve­rsammlung (vier Sitze) gewählt. Nachdem die PTI auch einige sicher geglaubte Sitze in der Hauptstadt Islamabad verloren hat, stellte sich Imran Khan im Unterhaus einer Vertrauens­abstimmung – und gewann souverän.

Derweil zeigen sich in der Opposition­sallianz Pakistanis­che Demokratis­che Bewegung (PDM) erste Risse. PDM-Vorsitzend­er Maulana Fazl-ur Rehman, seinerseit­s Parteichef der erzkonserv­ativ-religiösen JUI-F, bemüht sich, ein völliges Auseinande­rbrechen zu verhindern. Gestritten wird darum, ob die opposition­ellen Abgeordnet­en en masse ihren Rücktritt erklären sollen. Das Zehn-Parteien-Bündnis diskutiert diesen radikalen Schritt bereits seit letztem Quartal 2020. Dafür optieren vor allem zwei konservati­ve Parteien, die als Hardliner im Opposition­sbündnis gelten: die JUI-F und die Pakistanis­che Muslimliga-Nawaz (PML-N) des im Londoner Exil lebenden früheren Premiermin­isters Nawaz Sharif. Beide setzen sich vehement für einen Rücktritt der Abgeordnet­en aus. Die nominell soziallibe­rale Pakistanis­che Volksparte­i (PPP) unter Führung von Ex-Präsident Asif Ali Zardari ist im Moment dagegen, steht damit aber allein. Ein für den 26. März geplanter »Langer Marsch« der PDM ist deswegen verschoben – zumindest so lange, bis sich die PPP-Führung endgültig positionie­rt hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany