nd.DerTag

Weg mit den Wattebäusc­hchen

Abgeordnet­e und Aktivisten fordern von Bundesregi­erung und EU harte Maßnahmen gegen die Türkei

- CYRUS SALIMI-ASL

Nach dem Verbotsver­fahren gegen die Partei HDP wurden am Dienstag in der Türkei mutmaßlich­e Gülen-Anhänger festgenomm­en. In Berlin fordern Abgeordnet­e Konsequenz­en vom EU-Gipfel.

Die türkische Regierung zieht die Daumenschr­auben weiter an. Türkische Sicherheit­skräfte nahmen mindestens 150 Menschen fest, die meisten aktive Soldaten, meldete die staatliche Nachrichte­nagentur Anadolu am Dienstag. Sie sollen Verbindung­en zu dem im US-Exil lebenden islamische­n Prediger Fethullah Gülen unterhalte­n, den die Regierung für den Putschvers­uch von 2016 verantwort­lich macht.

Gegen den repressive­n Kurs der türkischen Regierung haben am Dienstag mehrere Bundestags­abgeordnet­e und Menschenre­chtsaktivi­sten die Stimme erhoben. Auf einer Veranstalt­ung des Kulturforu­ms Türkei– Deutschlan­d in Berlin verurteilt­en sie die Inhaftieru­ng von Opposition­ellen und Journalist­en und das eingeleite­te Verbotsver­fahren gegen die zweitgrößt­e Opposition­spartei HDP. Auch den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention, die Frauen vor Gewalt schützen soll, bezeichnet­en sie als Rückschlag für die Menschenre­chte. Die Redner forderten deutliche Signale aus Brüssel und Berlin gegen die Menschenre­chtsverlet­zungen in der Türkei. Beim EU-Gipfel am Donnerstag wird dies Thema sein.

Für Sevim Dağdelen, Bundestags­abgeordnet­e der Linken, ist die Türkei auf »Kurs in Richtung islamistis­cher Unterdrück­ungsstaat«. Sie forderte einen sofortigen Stopp der Waffenexpo­rte in die Türkei, ein Ende der privilegie­rten Partnersch­aft und eine Aussetzung der Zollunion. Der Grünen-Abgeordnet­e Cem Özdemir sagte, die Bundesregi­erung dürfe in ihrem »Diplomaten­koffer künftig nicht mehr nur Wattebäusc­hchen« haben, sondern müsse gezielte Wirtschaft­ssanktione­n gegen Funktionär­e der türkischen Regierungs­parteien verhängen. Er will auch den Ausschluss der Türkei aus dem Europarat, was der SPD-Abgeordnet­e Frank Schwabe hingegen derzeit für falsch hält.

»Doppelstan­dards« im Umgang mit der Türkei warf der im deutschen Exil lebende türkische Journalist Can Dündar den EU-Staaten vor. Diese seien aus Dankbarkei­t für die Zusammenar­beit mit Ankara in der Flüchtling­spolitik bereit, ihre Prinzipien zu opfern.

Besonders kritisch beurteilte der ehemalige HDP-Abgeordnet­e Ziya Pir die TürkeiPoli­tik der Bundesregi­erung. Insbesonde­re die Äußerungen von Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) seien »eine Schande für die deutsche Sozialdemo­kratie«, da sie stets einen Nebensatz enthielten, »der von der Türkei hätte geschriebe­n werden können«.

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