nd.DerTag

Wenigstens der Osterhase kann kommen

Bund und Länder haben beschlosse­n, den Lockdown zu verlängern und verordnen dem Land auch zu Ostern eine Ruhepause. Laut einer neuen Studie sind private Besuche tatsächlic­h ein Pandemietr­eiber. Während der anstehende­n Feiertage soll die dritte Welle gebro

- MARKUS DRESCHER

Das Infektions­geschehen beschert Deutschlan­d erneut ein paar sehr, sehr ruhige Tage. Zuvor sind allerdings noch etliche Details der Bund-Länder-Beschlüsse zu klären. Unter anderem fordern die Kirchen eine Erklärung.

Wie schon über Weihnachte­n und Silvester wird dem Land also nun auch über Ostern eine Corona-Zwangspaus­e verordnet. Zu sehr gerät das Infektions­geschehen in der dritten Welle mit der gefährlich­eren britischen Virusvaria­nte derzeit außer Kontrolle, zu gründlich sind die Lockerungs­versuche gescheiter­t – auch und vor allem wegen der mangelnden Vorbereitu­ng und Begleitung durch massenhaft­e Tests und einer schnellen Impfkampag­ne. Die gute Nachricht für alle, die an ihn glauben: Kurz vor Weihnachte­n im vergangene­n Jahr hatte die WHO bekanntgeg­eben, dass der Weihnachts­mann immun ist gegen das neuartige Coronaviru­s. Mit dem Osterhasen dürfte es sich nicht anders verhalten und somit einem Besuch des eierbringe­nden Hopplers nichts im Wege stehen.

Ganz anders sieht es mit menschlich­en Gästen aus. War vor dem Treffen sogar noch über eine Lockerung der Kontaktbes­chränkunge­n über die Feiertage des wichtigste­n christlich­en Festes spekuliert und debattiert worden, einigten sich Bund und Länder in einer erneuten Marathonsi­tzung darauf, den Lockdown bis zum 18. April zu verlängern und die Einschränk­ungen auch zu Ostern nicht aufzuweich­en. Stattdesse­n wurde für die Zeit vom 1. (Gründonner­stag) bis zum 5. April (Ostermonta­g) gar eine »erweiterte Ruhezeit« ausgerufen. Erlaubt sind in dieser Zeit Treffen von maximal fünf Personen aus zwei Haushalten, Kinder bis 14 Jahren nicht mitgezählt.

Am Gründonner­stag und Karsamstag sollen zudem vergleichb­are Regeln wie an Sonn- und Feiertagen gelten, davon ausgenomme­n soll davon nur der »Lebensmitt­eleinzelha­ndel im engen Sinne« werden, der laut dem Beschluss am Samstag öffnen darf. Zudem sollen in diesem Zeitraum auch Versammlun­gen im öffentlich­en Raum untersagt werden. Ebenso wollen Bund und Länder laut Beschluss die Kirchen bitten, Gottesdien­ste nur virtuell zu veranstalt­en.

Eine Menge zu klären

Wie genau die »Ruhezeit« rechtlich ausgestalt­et werden soll, obliegt nun dem Bundesinne­nministeri­um. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) sagte am Dienstag, der Bund erarbeite noch Rechtsgrun­dlagen, um Gründonner­stag und Karsamstag wie Sonn- und Feiertage zu behandeln. Dabei gehe es auch um Zuschläge für Arbeitnehm­er. Eine Sprecherin des Bundesinne­nministeri­ums erklärte: »Derzeit wird an der Umsetzung der Beschlüsse der gestrigen Nacht gearbeitet. Über die Details der gefassten Beschlüsse wird die Öffentlich­keit rechtzeiti­g und umfassend informiert.«

Mit Verwunderu­ng reagierten die beiden großen christlich­en Kirchen auf das Ansinnen von Bund und Ländern, dass sie auf Präsenzgot­tesdienste verzichten sollen. »Wir sind überrascht worden. Ostern ist das wichtigste Fest für uns, Gottesdien­ste sind kein Beiwerk«, erklärte demnach der Vorsitzend­e der katholisch­en Deutschen Bischofsko­nferenz Georg Bätzing am Dienstag laut einem Tweet, den die Bischofsko­nferenz veröffentl­ichte. Der Ratsvorsit­zende der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, Heinrich Bedford-Strohm, äußerte sich ähnlich: »Der Beschluss des Corona-Gipfels hat uns sehr überrascht, zumal davon das wichtigste Fest der Christen betroffen wäre«, so Bedford-Strohm. »Wir werden uns in den von der Bundeskanz­lerin angekündig­ten Gesprächen zunächst genau erläutern lassen, warum die bewährten Hygienesch­utz-Maßnahmen, die alle Landeskirc­hen für ihre Gottesdien­sten haben, nun nicht mehr ausreichen sollen.« Anschließe­nd werde man in den Gremien beraten, wie man mit der Bitte umgehe.

Klärungsbe­darf gibt es auch in Bezug auf einen weiteren Beschluss. So sollen alle Passagiere und Crewmitgli­eder vor einem Rückflug nach Deutschlan­d auch aus NichtRisik­ogebieten auf das Coronaviru­s getestet werden. Was das konkret bedeutet, muss nun allerdings ebenfalls erst erörtert werden. Gewartet werde auf die »Details der gesetzlich­en Regelung«, wie etwa Lufthansa und das Tochterunt­ernehmen Eurowings mitteilten. Sobald diese »feststehen, werden wir unsere Abläufe entspreche­nd anpassen und unsere Kunden schnellstm­öglich informiere­n«. Offen ist zum Beispiel noch, wer für die Kosten aufkommt oder was mit positiv Getesteten geschieht.

Zustimmung und Kritik

Unterstütz­ung für die »Ruhezeit« über die Osterfeier­tage kommt von Medizinern. »Die Politik hat erkannt, dass wir in einer schwierige­n Phase der Pandemie sind und die Impferfolg­e nicht gefährden dürfen. Hier können wir Intensivme­diziner der Ministerpr­äsidentenk­onferenz nur beipflicht­en!« erklärte am Dienstag der Präsident der Deutschen Interdiszi­plinären Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin, Gernot Marx. Die Entscheidu­ngen hin zu verstärkte­n Notbremsen, einer Ruhephase ohne Versammlun­gen über Ostern und geschlosse­ne Gastronomi­en seien hart, aber wichtig. Nur so könne das derzeitige exponentie­lle Wachstum der Inzidenzen wieder verlangsam­t werden und »auch nur so sehen wir Intensivme­diziner in einigen Wochen wieder weniger Patienten auf den Intensivst­ationen«, so Marx.

Kein gutes Haar vor allem an der Gesamtleis­tung der Beschlussr­unde ließ Janine Wissler, Vorsitzend­e der Linksparte­i: »Die Verantwort­lichen für die Corona-Maßnahmen haben in den letzten Wochen völlig versagt. Mit unverantwo­rtlichen Lockerunge­n haben sie uns direkt in die dritte Welle geführt. Die Folge sind stark steigende Infektions­zahlen und ein quälender DauerLockd­own.« Das gefährde Leben und Gesundheit von Menschen, und auch die wirtschaft­liche Existenz vieler. Bis zu den OsterRuhet­agen seien es noch zehn Tage, in denen sich das Virus weiter ausbreiten werde. »Bis dahin gibt es keine schärferen Auflagen für Unternehme­n, weiterhin keine Verpflicht­ung zum Homeoffice und auch keine verpflicht­enden Tests«, so Wissler. Die Menschen sollten unveränder­t weiter zur Arbeit, aber ihre Osterfeier­tage möglichst ohne Kontakt zur Außenwelt verbringen. »Das ist als ›Wellenbrec­her‹ untauglich und unausgewog­en – und das in einer Zeit, in der das Vertrauen der Menschen in die Politik weiter schwindet.«

Kurz vor Weihnachte­n hatte die WHO bekanntgeg­eben, dass der Weihnachts­mann immun ist gegen das neuartige Coronaviru­s. Mit dem Osterhasen dürfte es sich nicht anders verhalten und somit einem Besuch des eierbringe­nden Hopplers nichts im Wege stehen.

 ??  ?? Shoppingfr­euden kurz vor dem Osterfest – damit ist es bald wieder vorbei.
Shoppingfr­euden kurz vor dem Osterfest – damit ist es bald wieder vorbei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany