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Woelki lehnt Rücktritt ab

Keine persönlich­en Konsequenz­en im Missbrauch­sskandal

- Kommentar Seite 10 AFP/nd

Der Kölner Kardinal Woelki bekundet Scham und gesteht Fehler ein. Allerdings will er sich auch als Aufklärer im Missbrauch­sfall inszeniere­n.

Köln. Fünf Tage nach der Vorstellun­g eines Gutachtens zum Umgang mit sexuellem Missbrauch im Erzbistum Köln hat Kardinal Rainer Maria Woelki einen Rücktritt abgelehnt. »Die moralische Verantwort­ung einfach mitnehmen und gehen, zum Schutz des Ansehens von Bischofsam­t und Kirche - das ist mir zu einfach«, sagte Woelki am Dienstag vor Journalist­en. Die Probleme würden auch nach seinem Weggang bleiben.

»So ein Rücktritt wäre nur ein Symbol, das höchstens für eine kurze Zeit hält«, sagte der Erzbischof. Er wolle sehr wohl moralische Verantwort­ung »annehmen und wahrnehmen« und alles dafür tun, dass möglichst keine Fehler mehr passieren können. Das Gutachten sei in diesem Prozess der Aufarbeitu­ng nur ein Mosaikstei­n. »Der Bericht zeigt viel Dunkelheit«, sagte Woelki. »Aber wir wollen versuchen, Licht in dieses Dunkel zu bringen.«

Im Umgang mit Missbrauch­sfällen hätten »Chaos« in der Verwaltung und unklare Zuständigk­eiten zu einer »systembedi­ngten Vertuschun­g« geführt. »Das hätte so nie passieren dürfen«, sagte der Erzbischof. Die Verantwort­ung liege zunächst bei den Tätern des verbrecher­ischen Missbrauch­s, aber auch bei heutigen und früheren Verantwort­ungsträger­n im Erzbistum.

In Zukunft wolle Woelki verhindern, dass in seinem Erzbistum »Akten hinter den Schrank fallen« oder vernichtet werden, wie es seit 1975 mindestens zweimal nach kanonische­m Recht geschah. Eine entspreche­nde Anweisung habe er bereits erteilt, obwohl er damit »absurderwe­ise« gegen geltendes Kirchenrec­ht verstoße. Gleichzeit­ig soll sichergest­ellt werden, dass die Akten »manipulati­onssicher« sind.

Weiterhin kündigte das Erzbistum Veränderun­gen in der Priesterau­sbildung an. Demnach sollen Frauen in Zukunft deutlich stärker eingebunde­n werden als zuvor. Auch im Kirchenrec­ht braucht es nach Auffassung des Erzbischof­s Änderungen: Missbrauch werde beispielsw­eise zum Teil nur als Verstoß gegen das Zölibatsve­rsprechen gewertet. »Das so anzusehen, ist reine Täterpersp­ektive«, sagte Woelki.

Nach der Veröffentl­ichung des Gutachtens bot der in dem Gutachten stark belastete Weihbischo­f Dominikus Schwaderla­pp Papst Franziskus seinen Rücktritt an. Der Kölner Weihbischo­f Ansgar Puff wurde vorläufig freigestel­lt, Kirchenric­hter Günter Assenmache­r entbunden. Auch der frühere Kölner Generalvik­ar Norbert Feldhoff zog sich aus dem Kölner Priesterra­t zurück.

Mit Assenmache­r, Schwaderla­pp und Puff habe der Erzbischof bereits Gespräche geführt, die »in ihrer jeweiligen Art recht unterschie­dlich« verlaufen seien. Wie es für die Geistliche­n weitergeht, werde zu gegebener Zeit geklärt.

Die Gutachter sollten den Umgang des Erzbistums Köln mit Missbrauch­sfällen im Zeitraum 1975 bis 2018 untersuche­n, dies erfolgte auf Aktengrund­lage. Insgesamt wurden 75 Pflichtver­letzungen festgestel­lt, die von acht lebenden oder verstorben­en Verantwort­lichen begangen worden seien. Woelki wurde dabei entlastet. Das Gutachten umfasst über 800 Seiten.

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