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Unbezwingb­ar

Cyrus Salimi-Asl über den Ausgang der Parlaments­wahlen in Israel

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Benjamin Netanjahu ist anscheinen­d unabwählba­r – auch wenn er die absolute Mehrheit der Parlaments­sitze verfehlt hat. Auch wenn niemand mehr seine vor Gericht verhandelt­en Vergehen zählen mag. Der amtierende israelisch­e Ministerpr­äsident könnte sich selbst im Amt folgen – nach diesen Wahlen erneut. Damit hätte er sein politische­s Ziel erreicht: dank Immunität sicher zu sein vor dem Arm der Justiz.

Warum viele israelisch­e Wähler für einen korrupten Lügner gestimmt haben, gibt vielen Kommentato­ren Rätsel auf. Immerhin konnte seine Partei Likud 30 Sitze im Parlament erringen. Der rechte Parteienbl­ock, angeführt vom Likud, käme voraussich­tlich auf 59 Sitze, fehlen zwei bis zur absoluten Mehrheit. Diese könnte die arabische Partei Ra'am beisteuern. Nur: Will die wirklich Netanjahu zu einer weiteren Amtszeit verhelfen? Der Ministerpr­äsident steht für ungezügelt­en Siedlungsb­au in den Palästinen­sergebiete­n, fährt außenpolit­isch einen aggressive­n Kurs und lässt regelmäßig im Nachbarlan­d Syrien bombardier­en.

Auch ist nicht ausgemacht, dass sich die rechten Parteien tatsächlic­h einigen werden auf eine Regierung unter Führung Netanjahus. Erneute Wahlen, nach zermürbend­en Koalitions­gesprächen, sind daher nicht auszuschli­eßen. Als möglicher Gegenkandi­dat für den Posten des Regierungs­chefs wird noch Jair Lapid gehandelt, der Vorsitzend­e der zweitplatz­ierten liberalen Partei Jesh Atid (Es gibt eine Zukunft). Aber er stünde wie Netanjahu vor der Schwierigk­eit, eine Koalition aus vielen Parteien zu schmieden.

Der Konflikt mit den Palästinen­sern spielte übrigens kaum eine Rolle bei den Parlaments­wahlen. Was für die Palästinen­ser von lebenswich­tiger Bedeutung ist, stellt für die israelisch­e Politik eine Randnotiz dar. Das sollte den Palästinen­sern klar sein, wenn sie selbst am 22. Mai ein neues Parlament wählen: Israel hat wenig Interesse an einer Änderung des Status quo.

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