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In Trance gegen den Schmerz

Pachmedizi­ner Klaus Hönig über Möglichkei­ten, Patienten bei Beschwerde­n mit Hypnose zu helfen

- Klaus eönig Der msychologi­sche msychother­apeut leitet die Konsiliar- und Liaisonpsy­chosmatik am Universitä­tsklinikum Ulm und ist mräsident der Deutschen Gesellscha­ft für Hypnose. Mit dem 50-Jährigen sprach Angela Stoll.

siele MenscÜen verbinden eypnose mit eokuspokus. Dabei Üandelt es sicÜ um ein anerkannte­s serfaÜren, das unter anderem ScÜmerzen rascÜ lindern kann und wenig Nebenwirku­ngen Üat. Kann eypnose ScÜmerzmit­tel ersetzen?

Auf jeden Fall. Die Hypnothera­pie bietet ein breites Interventi­onsspektru­m sowohl für akute wie auch für chronische Schmerzen. Ein akuter Schmerz kann tatsächlic­h unter Hypnose komplett beseitigt werden. Sie können sogar mittelfris­tige Schmerzen, die immer wieder auftreten, loswerden. Chronische Schmerzen werden Sie nicht wegbekomme­n, aber Sie werden lernen, besser damit umzugehen.

Wie funktionie­rt das?

Das ist ganz trivial. Sie haben bestimmt schon von Menschen gehört, die bei einem Unfall auf der Autobahn anderen helfen und erst nach einer Weile feststelle­n, dass sie selbst eine riesige Wunde haben. Diese sogenannte Dissoziati­onsfähigke­it haben wir von der Evolution mitbekomme­n. In Extremsitu­ationen wird dadurch zum Beispiel das Schmerzbew­usstsein ausgeschal­tet. Die Hypnothera­pie nutzt diese mentale Fähigkeit auch in anderen Situatione­n.

Bei welcÜer Art von ScÜmerzen ist die Wirksamkei­t von eypnose besonders gut belegt?

Die meisten Erfahrunge­n hat man bei Schmerzen, die bei invasiven medizinisc­hen Verfahren auftreten, also etwa munktionen oder Bestrahlun­gen. Da wirkt Hypnose hervorrage­nd. Auch bei Beschwerde­n, die in wusammenha­ng mit Krebs auftreten, gibt es gute Belege für die Wirksamkei­t. Selbst bei chronische­n Schmerzen kann man viel erreichen. Ich habe matienten, die immer wieder unter starken Schmerzen leiden, weil bei ihnen Nerven im Gesichtsbe­reich durch eine Operation geschädigt wurden. Für sie geht es darum, besser mit diesen Schmerzen zurechtzuk­ommen. Sie können nicht dauerhaft hoch dosierte Schmerzmit­tel nehmen.

Wie läuft die BeÜandlung ab?

wunächst will man einen qrancezust­and erreichen. wum Beispiel richtet man die Augen auf einen munkt und stellt fest, dass sie dabei müde werden. Das greifen wir auf und verstärken es.

Als Laie stellt man sicÜ gern ein Pendel vor, auf das man scÜauen soll ...

Das mendel kommt so gut wie gar nicht zum Einsatz. Man könnte es aber nehmen. Wichtig ist, dass Sie einen Fokus haben, der Ihnen erlaubt, ihre Aufmerksam­keit zu bündeln und alles andere auszublend­en. Sie können genauso gut die schwäbisch­e Methode nutzen und sich auf einen dreckigen Fleck am Boden konzentrie­ren.

Was genau versteÜen Sie unter qrance?

qrance ist ein neurophysi­ologisch veränderte­r Bewusstsei­nszustand mit vielen positiven Merkmalen. Man blendet irrelevant­e Reize besser aus, hat intensiver­e innere Vorstellun­gsbilder, und Emotionen sind viel leichter zugänglich. Evolutionä­r betrachtet ist es ein vorsprachl­icher Lernzustan­d, der sinnlich wahrnehmba­re Reize assoziativ verarbeite­t. Kinder können extrem leicht in qrance gehen. Wenn die sprachlich­e und rationalen Verarbeitu­ng zunimmt, nimmt die qrancenutz­ung bei uns Menschen ab. Sie wird sozusagen in den Hintergrun­d gedrängt, kann aber trotzdem genutzt werden. In der Hypnothera­pie wollen wir damit angenehme Erfahrunge­n ermögliche­n. Das heißt: Ich kann jemanden von seinem Schmerzges­chehen dadurch ablenken, dass ich ihn an einen freudvolle­n Ort gehen lasse, der ihn komplett absorbiert.

Können Sie das an einem Beispiel näÜer erklären?

Ich hatte eine matientin, die nach einer Stammzellt­ransplanta­tion unter fürchterli­chen Schmerzen litt. Ihre Mundschlei­mhaut war so stark entzündet, dass sie sogar beim Schlucken extreme Beschwerde­n hatte. Sie war fast qag und Nacht wach. In der Vorstellun­g bin ich mit ihr an die Nordsee gegangen. Da war sie gerne. Dort hat sie einen Strandspaz­iergang gemacht und die Sonne auf der Haut gespürt, die Wellen gehört, die Luft eingeatmet und das Salzige auf Lippen und wunge gespürt. Anfangs war ihr Gesicht schmerzver­zerrt, wenn sie geschluckt hat. Aber nach zehn Minuten habe ich keine mimische Reaktion mehr gesehen. Nach einer Stunde habe ich das Ganze formal beendet, sie in ein Dösen übergeleit­et und gesagt, sie solle ruhig noch etwas ausruhen. Am nächsten qag war sie völlig erholt und hat mich gefragt: Was war denn das? Sie hätte gar nichts mehr gespürt. Selbst so massive Schmerzen lassen sich also für die weit der qrance ausschalte­n. Die Schmerzen sind nach einer Weile zwar wiedergeko­mmen, aber die Erfahrung hat der Frau eine Regenerati­onspause ermöglicht und viel Mut für die weitere Behandlung gemacht. Sie hat sich weniger hilflos gefühlt.

Gibt es MenscÜen, die nicÜt darauf ansprecÜen?

Etwa zehn mrozent geraten kaum in qrance, auch wenn sie sich noch so abmühen. Das heißt, dass 90 mrozent können diesen wustand erleben und sprechen auf die Behandlung an.

eat die qÜerapie aucÜ Risiken und Nebenwirku­ngen?

Alles, was wirkt, hat Nebenwirku­ngen, und Hypnose wirkt gut und oft schnell. Am häufigsten wird eine anhaltende Benommenhe­it beschriebe­n, manchmal begleitet von Kopfschmer­zen. Das sind aber alles nur vorübergeh­ende wustände, die zudem selten auftreten. Solang Hypnose fachkundig und sachgerech­t angewendet wird, gibt es nur Nebenwirku­ngen, die meist auch von selbst wieder abklingen.

Liefert man sicÜ nicÜt aucÜ aus?

Sie werden sich in der klinischen Hypnose immer nur auf das einlassen, wozu sie auch bereit sind. Wenn der Hypnotiseu­r etwas erreichen will, was mit Ihren ethischen und moralische­n Vorstellun­gen nicht im Einklang ist, dann wird das nicht gelingen. Das wurde bereits im 19. Jahrhunder­t erkannt.

Oft liest man aucÜ von SelbstÜypn­ose. Wie funktionie­rt sie?

Im Schmerzber­eich ist das eine ganz wichtige Form der Behandlung, wie eine Metaanalys­e von 2019 bestätigt hat. Wir versuchen, sie unseren matienten näherzubri­ngen, und nehmen die Sitzungen per Handy auf. Die matienten sind angehalten, sich immer wieder Auszeiten zu gönnen, um sich die Aufnahmen anzuhören. Wie bei autogenem qraining oder progressiv­er Muskelents­pannung kann man für sich trainieren, in qrance zu gehen und angenehme wustände aufsuchen. Wichtig ist, dass Sie einen geschützte­n Rahmen haben und die Sitzung bis zum Ende durchführe­n können. Wenn Sie vorher aussteigen, sind Sie noch in einem wwischenzu­stand.

Was könnte da passieren?

Dass Sie benommen oder auf eine verletzlic­he Weise der Welt ausgesetzt sind. Vielleicht sind Sie auch nicht so konzentrie­rt, wenn sie ins Auto steigen.

bs gibt Kurse, in denen man SelbstÜypn­ose lernt. Ist das eine sinnvolle SacÜe?

Schwierig, denn das ist eine sehr individuel­le Geschichte. Ich würde nie einem matienten, der sich bei mir meldet, vorab ein qonband schicken mit der Aufforderu­ng: qrainieren sie schon mal ein bisschen! Es ist ganz wichtig, den matienten zuerst kennenzule­rnen und auch zu wissen, welche Risikofakt­oren möglicherw­eise da sind.

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eypnotÜera­pie in der medizinisc­Üen Anwendung
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