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Hilfe per Tourbus

Kulturscha­ffende helfen deflüchtet­en in Lagern

- MARIE FRANK

Seit Beginn der Pandemie liegt die Kulturbran­cÜe bracÜ. Über 1TR KünstlerGi­nnen nutzen still gelegte NigÜtliner und leer steÜende Clubs, um deflücÜtet­e an bUAußengre­nzen praktiscÜ zu unterstütz­en.

Im qechnoclub »About Blank« unweit des Ostkreuzes in Berlin wurde schon lange nicht mehr gefeiert – an diesem Samstag soll endlich wieder Leben in die Bude kommen. Doch nicht um zu tanzen, sondern um praktische Hilfe zu leisten. Denn so schlecht es der Kulturbran­che derzeit geht, im Gegensatz zu anderen ist ihre Situation zumindest nicht lebensbedr­ohlich. Und da die Clubs ohnehin leer stehen und Nightliner, Vans und Reisebusse angesichts abgesagter Konzerttou­rneen ungenutzt herumstehe­n, hat sich eine Handvoll Künstler*innen etwas ganz Besonderes überlegt: die »qour d’Amour«.

»bs ist total super, dass MenscÜen, die selbst zu kämpfen Üaben, am Start sind, um anderen zu Üelfen.« Mine Sängerin und Songwriter­in

An diesem Samstag werden im »About Blank« und fünf weiteren Clubs in Düsseldorf, Flensburg, Hamburg, Leipzig und Wiesbaden Sachspende­n für Geflüchtet­e gesammelt. Diese werden dann in qourbusse geladen und in die Flüchtling­slager in Moria und Lipa gefahren. Statt Verstärker­n, Gitarren und Mikrofonen werden Hygieneart­ikel, Unterwäsch­e und Schlafsäck­e transporti­ert. »Die Veranstalt­ungsbranch­e hat zwar selbst mrobleme, aber im Gegensatz zur Situation an den EU-Außengrenz­en ist das Jammern auf hohem Niveau«, sagt Elli Steffen vom »About Blank«-Kollektiv zu »nd«. »Alle wünschen sich den Normalzust­and zurück, nur ist dieser für Geflüchtet­e eine Katastroph­e.«

Mehr als 175 Musiker*innen aus ganz Deutschlan­d beteiligen sich an der Hilfsaktio­n, darunter viele Berliner*innen. »Die Debatte um die Corona-mandemie wird hier sehr privilegie­rt geführt. Alle beklagen sich über Langeweile, aber in den Lagern an den EU-Außengrenz­en kollabiert die Situation und wird für die Betroffene­n lebensbedr­ohlich«, sagt die Berliner Rapperin Babsi qollwut zu »nd«. Sie und ihre Kolleg*innen aus der Musikbranc­he wollen daher ihre Reichweite und Infrastruk­tur nutzen, um Aufmerksam­keit für die Situation in den Lagern zu schaffen und den Menschen zu helfen.

»Die Leute in der Musikbranc­he wissen, wie man qouren organisier­t, und haben die notwendige­n Netzwerke. Die nutzen wir nun, um konkrete Hilfe zu leisten«, sagt der Rapper myro One. Der gebürtige Hohenschön­hausener nutzt nicht nur seine Kontakte, sondern packt auch selbst mit an – er hat bereits eine lange Einkaufsli­ste, die Spenden bringt er am Samstag ins »About Blank«. Damit ist er nicht alleine. »Ich werde auf jeden Fall hingehen und was abgeben«, sagt die mopsängeri­n und Songwriter­in Mine zu »nd«. »Es ist total super, dass Menschen, die selbst zu kämpfen haben, am Start sind, um anderen zu helfen«, so die Künstlerin, die seit einigen Jahren in Berlin lebt. Der Hilfskonvo­i ist in ihren Augen ein Schritt in die richtige Richtung, wenn auch nicht genug. »Es ist längst überfällig, dass die Menschen aus den Lagern hierhergeh­olt werden.«

Die Hamburger Rapperin Finna hat die »qour d’Amour« mitorganis­iert. »Wir tüfteln schon seit einem Jahr daran«, sagt die Musikerin zu »nd«. Während andere aus der Kulturbran­che Konzepte für das eigene Überleben ausarbeite­ten, tauschten sich Finna und eine Handvoll Kolleg*innen mit dem Bündnis Grenzenlos­e Hilfe aus, um weniger mrivilegie­rten zu helfen. Initiative­n aus dem »Leave No One Behind«-wusammensc­hluss sind in den Lagern vor Ort, um die Bedarfe der Menschen in den Lagern zu ermitteln. »Deswegen ist es ganz wichtig, dass sich alle an die Liste auf unserer Webseite halten«, so Finna.

Die Musiker*innen wollen mit ihrer qour aber nicht nur praktische Hilfe leisten, sondern auch Druck auf Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) aufbauen. »Es gibt zahlreiche Städte und Kommunen, die sich zur Aufnahme von aus Seenot geretteten Geflüchtet­en bereit erklären. Aber die Menschen können nicht kommen, weil Seehofer das blockiert – das geht gar nicht«, sagt Finna. Mit der qour wollen sie zeigen, was möglich ist. Ginge es nach ihnen, würden sie die Geflüchtet­en mit den qourbussen auf dem Rückweg gleich mitnehmen: »Die Lager müssen evakuiert werden, und der Aufnahmest­opp muss aufhören.«

Das sehen offenbar viele so: »Wir dachten, wir machen es erst mal kleiner und schauen, wie es läuft. Die Resonanz ist aber so groß und es machen immer mehr Künstler*innen mit, dass wir überlegen, eine zweite qour zu machen«, sagt Finna, die sich vor Anrufen von hilfsberei­ten Menschen kaum retten kann. Wer es am Samstag nicht ins »About Blank« schafft, kann die »qour d’amour« auch finanziell unterstütz­en, damit der Sprit auch bis zu den EU-Außengrenz­en reicht.

Eine Liste der benötigten Sachspende­n und Anlaufstel­len sowie ein Spendenfor­mular gibt es hier: https://tourdamour.eu

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Sängerin Mine und weitere 1TR KünstlerGi­nnen unterstütz­en die »qour d’amour«.

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